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Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und Anfang des Jahres 2007 Bundesland Sachsen. Ein
Flüchtling aus China springt aus dem Fenster seiner Unterkunft in Leipzig und
kommt in die Universitätsklinik Leipzig. Die Verletzungen sind so schwer, daß
er lebenslang auf einen Rollstuhl angewiesen sein wird. Der
Mann war im Jahre 1999 mit seiner Frau und drei Kindern in die Bundesrepublik
eingereist. Heute lebt er von seiner Familie getrennt und ist im Besitz einer
Duldung. Nach
einer Rehabilitationsmaßnahme unterschreibt er seine Zusage, daß er bereit
ist, in eine andere Unterkunft umzuziehen, obwohl er den Inhalt des
Schreibens wegen seiner geringen Deutsch-Kenntnisse nicht versteht. Seine
neue Unterkunft befindet sich in der Kleinstadt Frohburg, im Ortsteil
Hopfgarten – Landkreis Leipzig. Aufgrund der Lage des Heimes und seiner
persönlichen Situation ist er hier so isoliert, dass er Anträge stellt,
zurück nach Leipzig ziehen zu dürfen. Ausländerbeauftragter des Landes Sachsen Martin
Gillo; Antirassistische Initiative Berlin 1. Januar 07 Weißenfels in Sachsen-Anhalt.
Auf der Silvesterfeier in der Diskothek "Feldschlößchen" wird ein
35 Jahre alter Flüchtling aus Niger von einer 14-Jährigen als "dreckiger
Neger" beschimpft. Als der Betroffene gegen 5.00 Uhr morgens nach dem
Verlassen des Lokals und nach erneuter Beleidigung von der Jugendlichen eine
Erklärung fordert, wird er von zwei Männern in ihrer Begleitung so
geschlagen, daß er stürzt und sich dabei einen komplizierten Armbruch
zuzieht. Einer
der Angreifer hatte bereits Stunden vor diesem Angriff im
"Feldschlößchen" den sogenannten Hitlergruß gezeigt. Alternatives Bündnis Sachsen-Anhalt Süd 14.8.10; Mobile Beratung für Opfer rechtsextremer Gewalt 6. Januar 07 Sangerhausen im Bundesland Sachsen-Anhalt.
Morgens um 5.00 Uhr werden drei Molotow-Cocktails durch Fenster der
Flüchtlingsunterkunft im Erdgeschoß und in der ersten Etage geworfen und
setzen die Wohnung des Flüchtlings Boureima T. im Erdgeschoß in Brand. Herr
T., der in einem Nebenraum schläft, erwacht durch den Knall der zerberstenden
Flaschen und muß sich durch das Fenster retten, weil die Küche und damit der
Weg zur Wohnungstür bereits lichterloh brennen. Dann alarmiert er seine
Mitbewohner, die sich ebenfalls unverletzt in Sicherheit bringen können. Der
Feuerwehr gelingt es letztlich, das Feuer zu löschen. Noch
im Laufe des Tages werden Haftbefehle gegen zwei Männer im Alter von 25 und
26 Jahren erlassen und die polizeibekannten Neonazis in Haft genommen. Ihnen
werden versuchter Mord und schwere Brandstiftung vorgeworfen. Nach
der Feier bei einem überregional bekannten Neonazi und
Rechtsrock-Musikproduzenten im nahe gelegenen Sotterhausen hatten diese
beiden Männer – zusammen mit anderen – 1,6 Liter Benzin an einer Tankstelle
gekauft und drei Brandflaschen hergestellt. Für
den 23-jährigen Boureima T., der seit seiner Flucht aus Burkina Faso vor
sechs Jahren in Sangerhausen lebt, ist dies nicht der erste rassistische
Angriff. Bereits im Mai 2006 war er am Sangerhausener Bahnhof von einer
Gruppe rechter Jugendlicher massiv angepöbelt und später angegriffen worden.
Im November und Dezember 2006 wurde die Unterkunft angegriffen und Boureima
T.s Wohnung jedesmal beschädigt. Aufgrund
des heutigen Überfalls flieht Boureima T. umgehend zu Freunden nach Halle und
weigert sich, noch einmal nach Sangerhausen und Umgebung zurückzukehren. Er
ist durch die rassistischen Attentate schwer traumatisiert. In Halle wird er
in einem psychosozialen Zentrum für Migranten behandelt. Auf
seinen Antrag, in Halle leben zu dürfen, äußert sich ein Behördenvertreter
wie folgt: "Es handelt sich hier um einen ausreisepflichtigen Ausländer,
der sich nicht aussuchen kann, wo er wohnt." (siehe auch: Mai 06, November 06
und Dezember 06) Am
26. Juni, ein halbes Jahr nach dem Brandanschlag, beginnt der Prozeß gegen
drei inzwischen ermittelte Männer (24, 26, 27 Jahre alt) und eine 21-jährige
Frau vor dem Jugendschwurgericht des Landgerichts Halle. Ihnen wird
versuchter Mord und besonders schwere Brandstiftung vorgeworfen. Im Dezember
legt das Gericht neun weitere Verhandlungstage bis Mitte März 2008 fest. Am
30. Juni 2008 – nach 38 Verhandlungstagen und der Vernehmung von 35 ZeugInnen
– werden die Täter zu Haftstrafen von fünf Jahren und vier Monaten, vier
Jahren und neun Monaten und drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die
Fahrerin des Fluchtfahrzeugs erhält wegen Beihilfe eine Jugendstrafe von zwei
Jahren zur Bewährung. Strafmildernd berücksichtigt das Gericht, daß einer der
Angeklagten teilgeständig und zwei zur Tatzeit alkoholisiert waren. Die
Revisionen der Verurteilten werden im August 2009 vom Bundesgerichtshof in
Karlsruhe verworfen. ddp 7.1.07; ap 7.1.07; Spiegel-online 7.1.07;
mdr-INFO 7.1.07; MDZ 8.1.07; mdr 8.1.07; MDZ 11.1.07; ddp 25.1.07;
TS 25.1.07; ND 30.1.07; mdr 22.3.07; taz 24.3.07; taz 25.3.07; ddp 7.6.07; jW 8.6.07; ddp 17.6.07; ddp 26.6.07; jW 27.6.07; MDZ 27.6.07;
ddp 9.7.07; MDZ 10.7.07; VM 10.7.07; DNN 2.8.07; MDZ 18.10.07;
taz 19.11.07; dpa 4.1.08; ddp 10.3.08; ddp 14.3.08; ND 30.5.08; MDZ 5.6.08; ap 30.6.08; jW 1.7.08; ND 1.7.08; www.redok.de; Alain Mund – Rechtsanwalt; 7.7.08; Mobile Beratung für Opfer rechtsextremer Gewalt; Naumburger Tageblatt 7.8.09 8. Januar 07 Bundesland Nordrhein-Westfalen.
Eine an AIDS erkrankte Frau, Mutter zweier minderjähriger Söhne, wird alleine
– unter Bewachung und Begleitung von vier Personen – nach Kenia abgeschoben.
Als sie vier Tage zuvor in der Ausländerbehörde erschien, um ihre Duldung
verlängern zu lassen, wurde sie festgenommen und in Abschiebehaft genommen.
An diesem Tag tauchten die 11 und 13 Jahre alten Kinder unter. Sie
war seit Januar 2001 in der Bundesrepublik, und es gelang ihr, die Kinder im
April 2005 nachzuholen. Jetzt stand sie kurz vor der Heirat mit ihrem
deutschen Lebensgefährten – die Anmeldung beim Standesamt war bereits
erfolgt. Die
Kinder melden sich erst vier Wochen später in einer Polizeidienststelle,
kommen in eine Jugendeinrichtung. Dort werden sie ohne Vorankündigung oder
Vorbereitung am 12. März herausgeholt und ebenfalls abgeschoben. Nur zufällig
erfährt eine Mitarbeiterin der AIDS-Hilfe Hamm von der Abschiebung der Kinder
und informiert die Mutter in Kenia, die daraufhin nach Nairobi fährt. Die
Kinder trifft sie dort allerdings nicht, weil sie nicht ihr, sondern einer
Tante übergeben werden – was sie erst später erfährt. Zu
der Abschiebung einer sich seit vier Jahren in Therapie befindlichen
AIDS-Kranken äußert sich die Ausländerbehörde den UnterstützerInnen
gegenüber, daß AIDS in Afrika behandelbar sei und dort ja Millionen Menschen
in der gleichen Situation seien. Auch das Innenministerium von
Nordrhein-Westfalen unterstützt diese These. In der Antwort auf eine Kleine
Anfrage der Abgeordneten M. Düker (Grüne) heißt es: "Die Behandlungsmöglichkeiten
sind für jeden verfügbar, der in der Lage ist, die Kosten zu tragen, die sich
auf ca. 105 € monatlich belaufen." Mit der Mitgabe von 2000 € und einem
Medikamentenvorrat für drei Monate habe die Ausländerbehörde – nach eigenen
Aussagen – die Fortsetzung der
antiviralen Medikation "gesichert". Ignoriert
wird bei der Argumentation der Verantwortlichen die tatsächliche
Unmöglichkeit für eine kranke und alleinerziehende rückkehrende Mutter, in
Kenia überhaupt ein Einkommen zu erhalten. LT NRW DS 14/3923; AIDS-Hilfe Hamm 11. Januar 07 Bundesland Niedersachsen. Um
8.00 Uhr morgens treffen Mitarbeiter des Landkreises, der Gemeinde Ilsede und
Einsatzkräfte der Polizei in der Flüchtlingsunterkunft "Schönebeck
16" in Groß Bülten ein. Ihr Ziel ist es, 13 BewohnerInnen des Heimes,
die sich bisher geweigert hatten, es zu verlassen, in ein Heim nach Groß
Lefferde umzuquartieren. Nach
Schilderung der BewohnerInnen dringen Polizisten in die Zimmer der noch
schlafenden BewohnerInnen ein. Sie drücken die erschreckten und sich
wehrenden Menschen auf den Boden, legen ihnen Handschellen an. Einige werden
geschlagen, einem Syrer wird Pfefferspray in die Augen gesprüht. Dann müssen
die Menschen vor dem Haus im Regen warten, bis ihre bescheidenen Besitztümer
in einem Lastwagen verstaut sind. Nun werden auch sie in das andere Heim
gebracht. Die
Polizei bestreitet die Vorhaltungen, daß geschlagen worden sei – im Gegenteil
wären zwei Beamte bei dem Einsatz verletzt worden, und Pfefferspray sei aus
Notwehr zum Einsatz gekommen. WoN 12.1.07; WoN 15.1.07 14. Januar 07 Bundesland Nordrhein-Westfalen.
In einem Essener Krankenhaus stirbt der 23 Jahre alte Flüchtling Mohammad
Selah aus Guinea. Weil ihn seit Anfang des Monats Schmerzen plagten, hatte er
zunächst einen Arzt in Remscheid aufgesucht. Dieser verweigerte allerdings
eine Untersuchung, weil Mohammad Selah keinen Krankenschein vorlegen konnte,
und verwies ihn an das zuständige Sozialamt. Der Mitarbeiter des Sozialamtes,
Herr S., gab ihm keinen Krankenschein, weil er "sowieso" das Land
verlassen müsse. Als am 11. Januar die Schmerzen unerträglich wurden, ging
der 23-Jährige zum Hausmeister seiner Unterkunft Bergfrieder Weg und bat,
einen Krankenwagen zu rufen. Dieser erwiderte jedoch: "Wenn Du schon die
Treppe geschafft hast, kannst Du auch ins Krankenhaus gehen." Der
Kranke machte sich – zusammen mit einem Freund – zu Fuß auf den Weg in das
nahe gelegene Sana-Klinikum. Als er zusammenbrach, trug ihn sein Freund auf
den Schultern dort hin. Am 14. Januar wird er in das Essener
Universitätsklinikum verlegt, wo er noch am selben Tag seiner Erkrankung
erliegt. Als
sein Bruder Anzeige wegen unterlassener Hilfeleistung erstattet, bekundet der
Sozialdezernent B. Mast-Weisz der Familie sein Mitgefühl und versichert, daß
dem 23-Jährigen niemals ein Krankenschein verweigert worden wäre. Eine
Obduktion ergibt nach Angaben der Essener Staatsanwaltschaft, daß der junge
Mann "eines natürlichen Todes gestorben" ist. Im
Dezember stellt die Staatsanwaltschaft Wuppertal die Ermittlungen ein, weil
sie keine Anhaltspunkte für die Verwehrung eines Krankenscheines gefunden
hat. Kein einziger Mitbewohner von Mohammad Selah und kein einziger
Flüchtling aus dem Heim ist von den Ermittlungsbehörden je befragt worden. Sozialdezernent
B. Mast-Weisz zur Einstellung der Ermittlungen: "Ich freue mich, daß die
Ermittlungen bestätigt haben, daß die Vorwürfe gegen meine Mitarbeiter
haltlos waren" und "Nichts anderes habe ich erwartet." Karawane; Hilfe für Menschen in Abschiebehaft
Büren; WDR 29.1.07; WDR 30.1.07; RGA 31.1.07; Remscheider Generalanzeiger 16.12.07; RP 16.12.07; The VOICE 11.1.11 16. Januar 07 Abschiebegefängnis Köpenick in
Berlin. Ein 35 Jahre alter Gefangener aus Georgien, der seit dem 21. Dezember
mit einem Hungerstreik gegen seine Isolierung und die geplante Abschiebung
protestiert, kommt in das Haftkrankenhaus der JVA-Moabit. Jesuiten-Flüchtlingsdienst 17. Januar 07 Bundesland Baden-Württemberg.
Ein 17 Jahre alter Flüchtling aus Afghanistan wird bei einer Polizeikontrolle
in der Nähe des Stuttgarter Hauptbahnhofs festgenommen, weil er sich mit
gefälschten Papieren ausweist. Er kommt zunächst in Untersuchungshaft. Das
Amtsgericht Nürtingen verurteilt den Minderjährigen wegen illegaler Einreise
zu einer Haftstrafe von acht Monaten ohne Bewährung. Damit endet die über ein
Jahr dauernde Flucht des Jugendlichen von Pakistan, durch den Iran, die
Türkei, Bulgarien, Griechenland, Italien und wieder Griechenland in der JVA Stuttgart-Stammheim.
Erst
am 6. Juli wird der Minderjährige aus der Haft entlassen und in einer
betreuten Wohngemeinschaft untergebracht. Der Jugendliche ist durch das
Erlebte in Afghanistan, auf der Flucht und in Stuttgart-Stammheim schwer
traumatisiert und unterzieht sich nach seiner Entlassung einer
psychotherapeutischen Behandlung in der psychologischen Beratungsstelle für
politisch Verfolgte und Vertriebene. 1999
wurden die Eltern des damals 10-Jährigen in ihrem Haus in Kogyani (Nengarhar
in Afghanisten) brutal ermordet. Der Junge und sein kleiner Bruder waren
Ohrenzeugen des Dramas und haben später die toten Eltern gefunden. Ein
Bruder der Mutter nahm sich der beiden Jungen an und reiste mit den Kindern
nach Pakistan, wo sie fortan in seiner Familie lebten. Sechs
Jahre später organisierte dieser Onkel die Flucht seines Neffen bis nach
England. Er erklärte dem inzwischen 16-Jährigen, daß die Mörder seiner Eltern
jetzt auch seine Feinde seien, weil sie fürchten müssen, daß er den Tod der
Eltern rächen wolle, da er jetzt erwachsen sei. Wenn er nicht außer Landes
ginge, wäre sein Leben in akuter Gefahr. Das
Urteil des Amtgerichts Nürtingen, das einreisende minderjährige Flüchtlinge
wegen Urkundenfälschung hinter Gitter bringt, wird vom Landgericht und dem
Oberlandesgericht Stuttgart bestätigt. Erst das Verwaltungsgericht Stuttgart
erhebt deutliche Zweifel an der Verhältnismäßigkeit des Nürtinger Urteils. Auch
der Anwalt des Jugendlichen beschreibt die Vorgänge als europaweit
"ziemlich einmalig": Von den Unterzeichnern der Genfer
Flüchtlingskonvention würden nur zwei Staaten die Einreise mit gefälschtem
Paß unter Strafe stellen: Österreich und Deutschland – und dort allein
Baden-Württemberg. BaZ 3.5.10; Bericht des Betroffenen; Roland Kugler – Rechtsanwalt 23. Januar 07 Abschiebegefängnis Köpenick in
Berlin. Der 24 Jahre alte Abschiebegefangene A. A. versucht, sich in einer
Auffangzelle mit seinen Schnürsenkeln an den Querstreben eines Gitters zu
erhängen. Bedienstete finden ihn vor, befreien ihn von den Schnürsenkeln und
rufen einen Arzt, der leichte Verletzungen am Hals diagnostiziert. Der
Mann ist erst um 11 Uhr festgenommen worden. Jetzt entscheidet ein
Haftrichter über seine Haft. Polizei Berlin 23.1.07; taz 24.1.07; JWB 31.1.07; BT DS 16/9142 30. Januar 07 Wedel in Schleswig-Holstein. Um
14.40 Uhr wird die Polizei über ein Feuer in einer Unterkunft für
AsylbewerberInnen und AussiedlerInnen in der Straße Klintkamp informiert. Als
die Feuerwehren aus Wedel, Holm und Pinneberg mit ca. 50 Rettungskräften am
Heim eintreffen, brennt das Holzgebäude bereits in voller Ausdehnung.
Atemschutzgeräte, eine Drehleiter und weitere Löschfahrzeuge werden nötig, um
den Brand zu löschen. Elf
Personen können unverletzt in Sicherheit gebracht werden. Dagegen erleiden
zwei Feuerwehrleute leichte Verletzungen. Als Brandherd wird ein Sofa im 1.
Stock des Gebäudes festgestellt, so daß technische Ursachen des Feuers
ausgeschlossen werden können. Sachverständige
des Landeskriminalamtes ermitteln, daß im Bereich des Laubenganges das Feuer
gelegt worden sein muß und gehen damit von Brandstiftung aus. Polizei Wedel 30.1.07; UeN 31.1.07; Polizei Wedel 2.2.07; HA 3.2.07; KriPo Pinneberg 17.9.07 31. Januar 07 Als zwei Polizisten die
Personalien eines 21 Jahre alten Flüchtlings vor dem Hamburger Hauptbahnhof
überprüfen wollen, ruft dieser laut "Ich habe keine Papiere!",
wirft sich auf den Boden und wiederholt mehrmals "Allah". Die
Beamten rufen Verstärkung, so daß schließlich vier Beamte und ein S-Bahn-Wachmann
auf dem am Boden Liegenden knien. Sie
fixieren ihn, indem sie ihm die Knie in den Nacken drücken und die Hände
überdehnen. Als sich PassantInnen einmischen wollen, werden sie von weiteren
Einsatzkräften (10 bis 15) und 5 bis 10 Wachleuten der S-Bahn aufgefordert
weiterzugehen und werden weggedrängt. Auf
der Polizeiwache, so ein Polizeisprecher, habe der Mann "sich
weiter" gewehrt und dabei einen Beamten am Ellenbogen verletzt. Es
stellt sich heraus, daß er in einem kleinen Ort in Mecklenburg untergebracht ist
und diesen – wegen Residenzpflicht – nicht verlassen durfte. Nun wird gegen
ihn neben einem Verstoß gegen das Aufenthaltsrecht auch wegen Widerstands
gegen Vollstreckungsbeamte ermittelt. indymedia 31.1.07; taz-NORD
2.2.07 4. Februar 07 Tschechisch-deutsches
Grenzgebiet in Sachsen. An der S-Bahn-Strecke zwischen den Haltestellen
Schmilka-Hirschmühle und Krippen werden morgens um 5.00 Uhr eine 20 Jahre
alte Äthiopierin und ein 3-jähriger Junge von hinten von der Bahn erfaßt. Die
Frau ist sofort tot, der Junge kann zunächst von den Rettungskräften
reanimiert werden, stirbt aber kurz darauf im Krankenwagen. Einzige
Überlebende des Unglücks ist die ca. 30-jährige Mutter des kleinen Kindes,
die mit dem sterbenden Kind auf dem Arm den Rettungskräften und der Notärztin
entgegengelaufen war und immer wieder seinen Namen gerufen hatte. Sie
bricht völlig zusammen und kommt ins Klinikum Pirna zur medizinischen
Versorgung. Nach der Entlassung zwei Tage später ist ihre gesundheitliche
Verfassung immer noch so schlecht, daß sie nicht vernommen werden kann. Ein
Pfarrer aus Pirna betreut sie psychologisch. Die
Ermittler nehmen an, daß die Fluchthelfer die beiden Frauen mit dem Kind an
den Gleisen abgesetzt haben und die Gleise dann in der Dunkelheit die einzige
Orientierung für die Flüchtlinge darstellten. SäZ 5.2.07; SäZ 6.2.07; SäZ 7.2.07; BT DS 16/7806 6. Februar 07 Bundesland Nordrhein-Westfalen.
In der JVA Büren versucht der Abschiebegefangene S. M. sich zu töten. BT DS 16/9142 9. Februar 07 Hamburg. Gegen 6 Uhr werden
Abrahim Azizi und sein 21-jähriger Sohn Ramin aus der Abschiebehaft geholt.
Zusammen mit seiner Frau Shrife Azizi und den beiden minderjährigen Kindern
Roman (16 Jahre) und Mariam (8 Jahre) sollen sie nach Berlin gebracht werden,
um von dort direkt nach Kabul ausgeflogen zu werden. Dies geschieht, obwohl
Herr Azizi nur eine Niere besitzt und auf ständige medizinische Behandlung
angewiesen ist. Es
ist das erste Mal, daß eine Familie mit schulpflichtigen Kindern aus Hamburg
nach Afghanistan abgeschoben werden soll. Unterwegs
erleidet Frau Azizi einen Kreislaufkollaps. Weil die Familie am Abend zuvor
eine Petition bei der Hamburger Bürgerschaft eingereicht hat, wird die
Abschiebung im letzten Moment abgebrochen. Die Mutter und die minderjährigen
Kinder werden ins Erstaufnahmelager zurückgebracht, der Vater und der älteste
Sohn kommen zurück in die Haftanstalt. Die von der Hamburger Ausländerbehörde
beantragte Verlängerung der Abschiebehaft lehnt schließlich das Amtsgericht
Hamburg ab, so daß Abrahim und Ramin Azizi entlassen werden. Die
Eheleute, die einer tadschikischen Minderheit angehören, waren vor 20 Jahren
mit dem damals 1-jährigen Ramin vor dem Krieg in Afghanistan geflohen. Über
Iran und Rußland reiste die inzwischen fünfköpfige Familie 2001 in die BRD
ein. Sie erhielten Pässe und fanden eine Wohnung in Eimsbüttel; der Vater
arbeitete, und die Kinder gingen zur Schule. Als der Hamburger Senat im
Herbst 2006 einen Stufenplan zur Abschiebung aller afghanischen Flüchtlinge
bekannt gab und die Familie zum "Informationsgespräch" vorlud,
flohen Azizis in panischer Angst nach Norwegen. Von dort aus wurden sie zwei
Tage vor dem Abschiebeversuch in die BRD zurückgebracht. Abschiebungen
von Familien nach Afghanistan sind in Hamburg zwischenzeitlich bis 2008
ausgesetzt worden. taz Nord 13.2.07; Thorsten Buschbeck – Rechtsanwalt 10. Februar 07 Zwickau im Bundesland Sachsen.
Im Bereich der "Arcaden" in der Inneren Plauenschen Straße wird eine
Gruppe von sieben ausländischen Menschen von fünf Deutschen tätlich
angegriffen. Die mit Flecktarn-Jacken gekleideten Kurzgeschorenen – unter
ihnen ist auch eine Frau – brüllen neben rassistischen Beleidigungen u.a.
auch "Sieg Heil!" Als die Polizei eintrifft, flüchten sie. Ein
24-jähriger pakistanischer Flüchtling erleidet bei diesem Angriff eine
Verletzung am Auge. AMAL Wurzen 12. Februar 07 Ein 34 Jahre alter
nigerianischer Flüchtling wird vom Flughafen Leipzig aus abgeschoben. Als
einige Passagiere den mit Handschellen gefesselten Mann unter Bewachung und
Begleitung von drei Zivil-Polizisten sehen, beginnen sie dagegen zu
protestieren. Durch Diskussionen mit dem Flugkapitän erreichen sie eine
kleine Verspätung des Abflugs von einer Viertelstunde. Der
Nigerianer, der vor 14 Jahren in die BRD gekommen war, mußte vom 9. November
bis zum 12. Dezember 2006 wegen Schizophrenie in der Psychiatrie behandelt
werden. Durch die Abschiebung wird er von seiner 5-jährigen Tochter getrennt,
die deutsche Papiere besitzt. FRat Leipzig – Abschiebehaftgruppe 13. Februar 07 Main-Kinzig-Kreis in Hessen.
Morgens um 4.00 Uhr klopfen Polizeibeamte in Schlüchtern an die Wohnungstür
der kurdischen Familie Duman, holen die beiden Brüder Muzaffer (22) und
Ridvan (26) heraus und bringen sie zum Flughafen Düsseldorf, von wo sie im
Rahmen einer Sammelabschiebung mit 30 anderen Menschen nach Istanbul
ausgeflogen werden. In ihrer Begleitung befinden sich ca. 25
Bundespolizeibeamte und ein Arzt. Ihre
Mutter Azine Duman und eine minderjährige Schwester erleiden
Nervenzusammenbrüche und müssen psychotherapeutisch behandelt werden. Die
Mutter bleibt in stationärer Behandlung im Krankenhaus – die Tochter in der
Jugendpsychiatrie. Der
Ehemann und Vater der Kinder ist seit 1993 in der Türkei verschollen. Vor
sieben Jahren waren die Geschwister Muzaffer, Orhan und Ridvan, damals noch
minderjährig, aus der Türkei geflohen und kamen zunächst bei ihren
Großeltern, Ali und Fatma Akbulut, in Sterbfritz unter. Im Dezember 2001 war ihre
Mutter mit ihren jüngeren Kindern Firat (10), Newroz (11) und Hülya (12) in
die BRD eingereist. "Mit
der Abschiebung der beiden Hauptversorger wird praktisch der gesamten Familie
die Chance auf Bleiberecht genommen", so der Flüchtlingsrat Hessen. Am
18. Februar suchen Ali und Fatma Akbulut und ihre 18-jährige Enkelin Hülya
Duman, die ja auch die Schwester der abgeschobenen Brüder ist,
vorübergehenden Schutz im Pfarrhaus in Rodenbach – dann in der Marienkirche
in Hanau. Im
Sommer erhalten Fatma und Ali Akbulut ein Bleiberecht aus humanitären Gründen
zugesprochen. Orhan Duman ist mit einer Deutschen verheiratet; seine Mutter
und Geschwister sind auch im November 2008 immer noch von Abschiebung
bedroht. (siehe 11. August 06) Bündnis für Bleiberecht Hanau; FRat Hessen 13.2.07; FR 19.2.07; FR 23.2.07; Jugendnetz Wetzlar 24.2.07; Diakonische Flüchtlingshilfe Hanau 13. Februar 07 Main-Kinzig-Kreis in Hessen.
Morgens um 4.00 Uhr klingelt es an der Wohnungstür der kurdischen Familie
Kazan in der Wiesenstraße 20 in Rothenbergen. Polizisten rufen, sie sollen
die Tür aufmachen, sonst würde sie aufgebrochen. Die Eheleute Kazan und ihre
sechs Kinder sollen nach 14 Jahren Leben in Deutschland abgeschoben werden.
Nachdem die 36-jährige Saliha Kazan die Situation verstanden hat, bittet sie
die BeamtInnen darum, leise zu sein, damit sie ihre Kinder selber wecken und
vorbereiten kann. Die Polizisten besetzen gleich alle Räume und drängen zum
Aufbruch. Sie ziehen die Telefonkabel aus der Wand, sammeln alle Handys ein und
überwachen das Anziehen und das Packen. Die inzwischen erwachten Nachbarn
werden daran gehindert, mit den Kazans zu reden oder sich zu verabschieden.
Selim Kazan (39) darf seiner Nachbarin lediglich einen Zettel mit der
Telefonnummer der Rechtsanwältin und des Bruders geben. Vor dem Haus schreit
Saliha Kazan ihrer Nachbarin auf Kurdisch zu "Ayse, hilf uns, meine
Familie wird zerstört!" Um
5.00 Uhr fährt der Bus mit der Familie zum Flughafen Düsseldorf. Als Saliha
Kazan von den Beamten an Armen und Beinen ins Flugzeug getragen wird, ruft
sie: "Ich bin nur eine Mutter und keine Terroristin. Demütigt mich nicht
vor meinen Kindern!" Sie findet kein Gehör. Spuren dieser Schikane sind
Hämatome an allen Gliedmaßen. Im
Rahmen einer Sammelaktion erfolgt dann die Abschiebung mit einer
Chartermaschine nach Istanbul. Saliha
und Selim Kazan waren vor 14 Jahren mit ihrem damals 1-jährigen Baby Izettin
in die BRD gekommen. Die anderen Kinder, Gülistan (14), Berivan (13), Gülcin
(11), Beritan (9) und Ömer (4), sind alle in Hessen geboren. Ömer leidet seit
der Geburt an einem Herzfehler und wurde bereits dreimal im Kinderherzzentrum
operiert. Eine weitere Operation war für den April geplant. Ömer kämpft immer
wieder mit Atemnot, die ihm große Angst macht; seine Lippen sind blau, und
manchmal hat er Ödeme. Er darf überhaupt keiner Anstrengung oder Aufregung
ausgesetzt werden. Prof. Dr. Schranz, Leiter der Abteilung Kinderkardiologie
des Universitätsklinikums Gießen und Marburg, schreibt dazu: "Eine
adäquate kardiologische Versorgung in seinem Heimatland Türkei ist nicht
gegeben. Sollte die erforderliche Operation Ömer nicht ermöglicht werden,
wird er sterben." Nach
der Abschiebung kommt die Familie zunächst für kurze Zeit in Haft und wird
dann sich selbst überlassen. Weil
niemand von ihnen Türkisch spricht und sie zudem mittellos sind, begeben sie
sich auf den Weg nach Sirnak, an die irakisch-syrische Grenze, wo die Eltern
von Selim Kazan leben. Die
Kazans können sich tagsüber im Hause der Großeltern aufhalten, nachts müssen
sie zum Schlafen auf die Häuser der Nachbarn verteilt werden. Hier
gibt es kein fließend Wasser, keine festen Straßen, keine Schule und nur
phasenweise elektrischen Strom. Die Mädchen müssen sich den dortigen
Rollenzwängen unterwerfen; ihnen werden Schreib- und Schulmaterial
weggenommen. Es werden Heiratspläne für die beiden ältesten Mädchen
diskutiert. Als
die Familie im April erkrankt, steht als einziger Mediziner der Gegend ein
Tierarzt zur Verfügung. Aber auch er kann Ömer nicht helfen, als dessen
Gesundheitszustand deutlich schlechter wird und die Körpertemperatur über 41°
steigt. Nur durch die schnelle Geld-Überweisung von deutschen
UnterstützerInnen können die Eltern Antibiotika und fiebersenkende Mittel
besorgen und sie, entsprechend der Anweisung der Gießener Ärzte, dosieren.
Ömer braucht aber auch dringend Sauerstoff, Medikamente, einen Facharzt bzw.
überhaupt einen Arzt und die lebensrettende Operation. Alle sind
traumatisiert – die Kinder sprechen nicht mehr. Aufgrund
der Schwierigkeiten in der Familie ihres Mannes, mit dem sie im Alter von 14
Jahren verheiratet worden war, trennt sich Frau Kazan von ihrem Mann. Damit
gilt sie als geächtet und wird in den folgenden Monaten von verschiedenen
Mitgliedern der Familie des Mannes bedroht. Ihre eigenen Eltern können sie
aufgrund der Armut nur kurzfristig aufnehmen. Durch
die intensive Öffentlichkeitsarbeit des Helferkreises im Main-Kinzig-Kreis
veranlaßt der Landrat eine fachärztliche Untersuchung von Ömer in Istanbul. Zu
diesem Zweck geht Saliha Kazan mit den sechs Kindern nach Istanbul. Ein
Vertreter der Kreisbehörde und zwei Mitglieder des UnterstützerInnenkreises
fliegen in die Türkei, um die Untersuchung von Ömer zu beobachten. Die
türkische Herzspezialistin bestätigt die Diagnosen der deutschen ÄrztInnen
und rät dringend zu der anstehenden Herzoperation. Allein
durch die Intervention der deutschen UnterstützerInnen vor Ort gelingt es,
die Familie in einer kleinen Wohnung unterzubringen. Die Bedrohungen von
Seiten der Familie des Mannes lassen die Familie nicht zur Ruhe kommen. Per
Handy wird ihnen mitgeteilt, daß demnächst eine der Töchter für ein
Heiratsarrangement als "Braut" abgeholt wird. Die Kazans wechseln
die Handynummer und verlassen das Haus nur noch für nötigste Gänge. Es
gelingt ihnen, die Adresse geheimzuhalten. Sie sind völlig mittellos und
isoliert – die Kinder können keine Schule besuchen. Der Helferkreis
finanziert die Miete, die Lebensmittel und die Medikamente. Am
10. März 2008 verpflichtet das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main den
Main-Kinzig-Kreis, Familie Kazan wieder nach Deutschland einreisen zu lassen,
mit der Begründung, daß das Grundrecht auf Schutz des Privatlebens nach Art.
8 der Europäischen Menschenrechtskonvention der Kinder der Familie durch die
Abschiebung verletzt worden sei. Obwohl der Landrat dieses Urteil annimmt,
läßt Innenminister Bouffier (CDU) das Regierungspräsidium Berufung beim
Verwaltungsgericht einlegen, da es sich "um ein Urteil von
grundsätzlicher Bedeutung" handle. Obwohl
dieser Widerspruch beim Verwaltungsgericht Kassel noch anhängig ist, stimmt
Bouffier nach einer Petition im Landtag der Rückkehr der Familie schließlich
zu. Am
7. November 2008 – 21 Monate nach der Abschiebung – werden die Kazans am
Frankfurter Flughafen von ihren UnterstützerInnen in Empfang genommen. Die
Mitglieder des Helferkreises haben für die Rückkehr alle Bedingungen erfüllt,
die der Innenminister forderte: sie gewährleisten, daß keinerlei
"Belastung der Öffentlichen Hand" anfällt – dafür haben sieben
Personen notariell gebürgt; sie erstatten die Abschiebekosten von 19.000 Euro; sie sorgen
für Wohnung und Arbeit. FRat Hessen 13.2.07; FR 24.2.07; FRat Hessen 10.3.08; jW 13.3.08; FRat Hessen 15.3.08; FRat Hessen 24.9.08; FR 15.11.08; Runder Tisch zur Unterstützung von Frau Kazan und
ihren Kindern; www.kinderhilfe-kazan.de 13. Februar 07 Bundesland Hessen. Nachdem der
28-jährige kurdische Flüchtling Engin Celik aus der Abschiebehaft Offenbach
entlassen ist, muß er sich umgehend in ärztliche Behandlung begeben. Mit
einem bis jetzt währenden 29-tägigen Hungerstreik hat er sich gegen die
Ablehnung seines Asylgesuches und die drohende Abschiebung gewehrt. Engin
Celik hatte als Kind einer alevitisch-kurdischen Familie aus der Ortschaft
Tunceli (Dersim) schon früh die Repressionen des türkischen Staates und
seiner Militärs erlebt. Er engagierte sich politisch und war wegen seiner
Arbeit in unterschiedlichen demokratischen und revolutionären Gruppen mehrmals
festgenommen, auch mißhandelt und gefoltert worden. Ein letztes
Ermittlungsverfahren gegen ihn wurde zunächst eingestellt und unter den neuen
Terrorbekämpfungsgesetzen (TYK § 7-2) wieder aufgenommen. Gewarnt von seinen
Anwälten war er daraufhin im November 2003 in die BRD geflohen. Als
Schauspieler in der Theatergruppe "Bühne der Träume", als Musiker
in der Gruppe "Daglara Ezgi" und als Autor setzte er seine Kritik
am türkischen Staat auch künstlerisch um. Beim "Internationalen
Yilmaz-Güney-Festival" erhielt er den ersten Preis für seine
literarische Tätigkeit. In der "Karawane für die Rechte der Flüchtlinge
und MigrantInnen" wehrte er sich gegen die restriktive Asylpolitik der
BRD. Am
7. Januar war er während einer Zugfahrt von Frankfurt nach Düsseldorf in der
Nähe von Gießen verhaftet und in die JVA Gießen in Abschiebehaft begracht
worden. Zwei Tage nach Beginn seines Hungerstreikes erfolgte dann seine
Verlegung ins Abschiebegefängnis Offenbach. AZADI 19.1.07; Karawane – Hamburg 13.2.07; AZADI 19.2.07; AZADI 26.3.07; 22. Februar 07 Abschiebegefängnis
Berlin-Köpenick. Ein 30 Jahre alter iranischer Gefangener wird morgens um 6
Uhr aus seiner Zelle geholt. Er soll nach Hamburg gebracht und dann in den Iran
abgeschoben werden. Der gehörlose Iraner, mit dem eine Verständigung nur
durch einen Gebärden-Dolmetscher möglich ist, versteht nicht, was mit ihm
geschieht, und weigert sich, sich von seiner Pritsche zu erheben. Zwei Beamte
versuchen ihn zu tragen, aber er beginnt laut zu schreien und unkontrolliert
um sich zu schlagen und zu treten. Dabei werden die Beamten leicht verletzt,
können aber ihren Dienst fortsetzen. Auch der Iraner muß von einem Arzt
behandelt werden. Die
Abschiebung wird abgebrochen, und der Gefangene kommt in ein Krankenhaus,
weil sich sein Zustand nicht bessert. Polizei Berlin 22.2.07; Jesuiten-Flüchtlingsdienst 22. Februar 07 Böblingen in Baden-Württemberg.
Bei einer Razzia in dem Bordell C33 werden von der Polizei zwei minderjährige
Asylbewerberinnen aus Nigeria und Sudan und eine junge Frau ohne gültige
Aufenthaltspapiere vorgefunden. Die beiden 15- und 16-jährigen Flüchtlinge
kommen in eine Jugendeinrichtung. Die 22-jährige Frau, die wahrscheinlich
auch aus dem Sudan ist, wird in Abschiebehaft genommen. Das
Bordell wird geschlossen, und gegen die Betreiber werden Ermittlungsverfahren
wegen Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung und dessen
Förderung, des sexuellen Mißbrauchs von Jugendlichen und der Förderung
sexueller Handlungen Minderjähriger eingeleitet. SinZ 3.3.07; VG Stuttgart 26.3.07 28. Februar 07 Bundesland Bayern. Der
abgelehnte Asylbewerber I. P. aus dem Sudan wird in einem dritten Anlauf nach
drei Monaten Abschiebehaft mit einem Klein-Charterflugzeug in Begleitung von
Beamten außer Landes gebracht. Damit wird er von seiner Lebenspartnerin und
ihrem gemeinsamen 6-jährigen Sohn Sammy getrennt. Seit
dem Jahre 2000 lebt Herr P. mit der Mutter seines Kindes zusammen. Sie ist
aus der Dominikanischen Republik, im Besitz einer Niederlassungserlaubnis und
kann die Familie durch ihre Berufstätigkeit finanziell unterhalten. Bereits
am 3. Dezember 2004 war Herr P. frühmorgens aus der Wohnung abgeholt worden
und in Abschiebehaft gekommen. Weil seine Frau bei der Arbeit war, mußte der
damals 3-jährige Sohn geweckt werden und mit zur Wache. Von dort aus wurde
die Mutter von der Polizei informiert, daß sie ihren Sohn abholen solle, weil
sich der Vater des Kindes in Abschiebehaft befände. Herr
P. stellt nach der Abschiebung einen Antrag auf Wiedereinreise. Diese wird in
Anbetracht der zuvor zu zahlenden Abschiebekosten
von 40.000 Euro schwer zu erreichen sein. Alternativer Menschenrechtsbericht 2007 Februar 07 Bundesland Nordrhein-Westfalen.
Nach über zehn Jahren Deutschland-Aufenthalt in Bad Sassendorf bei Arnsberg
wird der kurdische Flüchtling Ali Yazgili in die Türkei abge- schoben. Hier
wird Anklage wegen Beleidigung des türkischen Staates gegen ihn erhoben, weil
er sich im Asylverfahren entsprechend geäußert haben soll. Der Prozeß soll
vor der großen Strafkammer des Landgerichts Malatya stattfinden. Um einer
Verhaftung zu entgehen, flieht er vor Beginn des Prozesses außer Landes und
kehrt in die BRD zurück. Rote Fahne News 22.2.07 Februar 07 Flughafen Frankfurt am Main. Die
60 Jahre alte Frau W. befindet sich allein im Sammelgewahrsam und erklärt auf
Ansprache der Mitarbeiterin der Abschiebebeobachtung FFM, daß es ihr schlecht
gehe. Sie zeigt ein Attest, aus dem hervor-geht, daß sie aufgrund von zehn
Diagnosen meist chronischer Erkrankungen nicht in der Lage sei, sich selbst
zu versorgen. Der Polizei-Sanitäter mißt einen stark erhöhten Blutdruck
(220:160), der auch mit Medikamenten nicht deutlich heruntergeht. Frau W.
leidet unter starken Kopfschmerzen, kann nicht aufrecht stehen und auch nicht
gehen. Der Polizeiarzt entscheidet, daß sie in dem derzeitigen
gesundheitlichen Zustand nicht abgeschoben werden darf und veranlaßt die
Einlieferung in die Flughafenklinik. Auf Rückfragen
des Gruppenleiters der Polizei erklärt die zuständige Ausländerbehörde, daß
ihr die Erkrankungen von Frau W. nicht bekannt seien und deshalb auch keine
Flugreisetauglichkeitsbescheinigung ausgestellt wurde. Die
Landespolizei nimmt Frau W. eine "Sicherheitsleistung" in Höhe von
600 € ab, ohne ihr zu erklären, wofür das Geld wäre. Diese Entnahme von
Barmitteln als Sicherheitsleistung ist in diesen Räumlichkeiten laut
Bundesbestimmungen (Best-Rück-Luft) nicht zulässig. Abschiebungsbeobachtung FFM 2007 Februar 07 Flughafen Frankfurt am Main. Der
abgelehnte Asylbewerber Herr H. wird nach Erbil in den Nordirak ausgeflogen
und damit von seiner deutschen Frau getrennt. Damit
werden die Empfehlungen des UNHCR und der deutschen Innenministerkonferenz
völlig ignoriert, die vorsehen, daß nur Flüchtlinge, die ihren letzten
Wohnsitz im Nordirak hatten und Familienbindungen, dorthin haben abgeschoben
werden dürfen,. Herr
H. kommt aus dem Ort Baqubah, der im Zentralirak liegt und er spricht auch
fast kein Kurdisch. Nach
der Abschiebung setzt er sich selbst mit dem UNHCR in Verbindung und erklärt,
daß die kurdische Regionalregierung ihn aufgefordert hat, den Nordirak zu
verlassen. Dann verliert sich seine Spur. Abschiebungsbeobachtung FFM 2007 Februar 07 Bundesland Bayern. Drei Jahre
nach ihrer Flucht in die BRD und nach abgelehntem Asyl veranlaßt die
Nürnberger Ausländerbehörde die Abschiebung der Familie M. nach Afghanistan.
Auf dem Weg nach Frankfurt erleidet Herr M. einen Herzinfarkt und kommt in
ein Würzburger Krankenhaus. Unabhängig von diesem familiären Drama wird Frau
M. mit ihren beiden Kindern weitertransportiert und ausgeflogen. Da
Herrn M. weiterhin die Abschiebung droht, bedarf es massiver Intervention
seines Rechtsanwalts, bis schließlich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof
in Ansbach entscheidet, daß ihm wegen seiner schweren Herzerkrankung eine
Aufenthaltserlaubnis zugestanden wird. Seinem
Sohn R. M. gelingt es, mit einem Schengen-Visum wieder einzureisen und einen
neuen Asylantrag zu stellen. Die Bemühungen des Sohnes, zu seinem
schwerkranken Vater ziehen zu dürfen, werden zunächst von der Nürnberger
Ausländerbehörde abgelehnt. Erst im September 2009 stimmt die Regierung
Mittelfranken seiner Unterbringung in dem Lager in der Nürnberger
Schafhofstraße zu, so daß der Sohn wenigstens in der Nähe des Vaters sein
kann. Am
19. Oktober 09 wird R. M. inhaftiert, weil er über Frankfurt am Main
abgeschoben werden soll. Er wehrt sich so heftig und verzweifelt, daß die Abschiebung
abgebrochen wird. Am
nächsten Tag erfolgt seine Vorführung zum Haftprüfungstermin. Er ist mit
Ketten an Händen und Füßen gefesselt und wird mit nacktem Oberkörper von drei
Beamten in den Gerichtssaal geschleppt. Die Beamten drücken seinen Körper
ständig nach vorne, und er zittert am ganzen Körper, wie der anwesende
Gefängnispfarrer später berichtet. Die Abschiebehaft wird verlängert. Alternativer Menschenrechtsbericht 2009 Bernd Ophoff - Rechtsanwalt Februar 07 Bundesland
Thüringen. Als sich ein togoischer Asylbewerber in der Nacht aus einer
Diskothek auf den Heimweg macht, wird er von unbekannten Männern beschimpft
und geschlagen. Die Angreifer zerkratzen auch sein Auto. THO (Ausländerbeirat Erfurt) 1. März 07 Berlin. 20 Polizisten stürmen die
Wohnung der Familie El-Zein und nehmen die 23 Jahre alte Nasima El-Zein zur
Abschiebung mit. In Begleitung von zwei türkischen und zwei deutschen
Zivilpolizisten wird sie in ein Flugzeug der Fluggesellschaft Türkisch
Airlines gebracht und in die Türkei abgeschoben. Ihr Vater, der die Familie
schon vor Jahren verlassen hatte, holt sie in Istanbul ab. Nach einer
20-stündigen Busfahrt erreichen sie Iskenderun, eine Stadt im Südosten der
Türkei. Hier
muß Nasima El-Zein mit ihrer Großmutter in einer feuchten, schimmelnden
Baracke leben, sich traditionell kleiden und entsprechend dem dort geltenden
Frauenbild verhalten. Ihr Vater ist ein brutaler Mann, schlägt sie oft und
plant, sie wegen seiner Spielschulden mit einem doppelt so alten, aber
wohlhabenden Mann zu verheiraten. Nasima El-Zein spricht fließend Deutsch und
Arabisch, jedoch kein Türkisch. Sie ist völlig isoliert, voller Angst und
Depressionen, ißt nichts mehr, will sterben. Als
8-Jährige war sie mit ihren Eltern und Geschwistern vor dem Bürgerkrieg aus
dem Libanon in die BRD geflohen und lebte seither – fast 15 Jahre lang – in
Berlin. Obwohl die Asylanträge der libanesischen Kurden bereits 1994
abgelehnt worden waren, wurde die Familie als "Staatenlose"
geduldet. Als
das Landeskriminalamt im Juli 2004 entdeckte, daß die Eltern und die fünf
ältesten Kinder in einem Personenregister in der Türkei als türkische
StaatsbürgerInnen eingetragen sind, wurden sowohl die Eltern als auch deren
Kinder der Täuschung der Behörden beschuldigt, und die Ausweisung von der
Ausländerbehörde eingeleitet. Auch die Mutter und die acht Geschwister waren
damit abschiebebedroht. Obwohl
die Berliner Härtefall-Kommission sich mit einem einstimmigen Votum für ein
Bleiberecht der jungen Frau ausgesprochen hatte, entschied Innensenator
Körting die Abschiebung. Dreizehn Tage später erklärt die 25. Kammer des
Verwaltungsgerichts Berlin die Ausweisungsverfügung für unrechtmäßig. Das
Gericht begründet dies damit, daß von einem Kind nicht verlangt werden könne,
seine Eltern wegen angeblicher Falschaussage zu belasten. Aufgrund
der öffentlichen Empörung stimmt Innensenator Körting am 21. Mai einer
Rückkehr Nasima El-Zeins aus "humanitären Gründen" zu. Die Kosten
für die Rückkehr, Anwaltskosten, Flugticket, Beschaffung der notwendigen
Papiere und sogar die Abschiebekosten muß
sie selbst tragen. Drei Monate nach der Abschiebung kehrt Nasima El-Zein nach
Berlin zurück. FRat Berlin; BeZ 11.4.07; BeZ 13.4.07;BeZ 22.5.07; zdf – Frontal 15.6.07 8. März 07 Bundesland Bayern. Aus Angst vor
der Polizei springt ein 42-jähriger Flüchtling aus dem Fenster einer
Flüchtlingsunterkunft in Regensburg und verletzt sich schwer. Der Flüchtling
aus Amberg hielt sich aufgrund der geltenden Residenzpflicht unerlaubt in Regensburg
auf. Wegen einer Auseinandersetzung mit einem Bewohner des Heimes war die
Polizei gerufen worden. neumarktonline.de 9.3.07 11. März 07 Ludwigsfelde im Bundesland
Brandenburg. Ein 30 Jahre alter Flüchtling aus Sierra Leone wird morgens um 8.00
Uhr auf dem Bahnhof von fünf betrunkenen Deutschen rassistisch beschimpft,
mit einer Bierflasche beworfen und mit Bier begossen. Um den Provokationen zu
entgehen, versucht der Angegriffene, in einen Zug zu flüchten. Die Deutschen
hindern ihn daran und schubsen ihn in das Gleisbett. Ein Angreifer wirft
jetzt wieder eine Flasche nach ihm. Die
vom Flüchtling selbst gerufene Polizei trifft schnell ein und nimmt die
Angreifer mit. Die zwei Hauptverdächtigen im Alter von 23 und 24 Jahren
werden vorläufig festgenommen – kommen dann aber wieder auf freien Fuß. jW 12.3.07; TS 12.3.07; MAZ 14.3.07; MAZ 21.5.07; Opferperspektive 11. März 07 Hamburg-Volksdorf. Als die um
11.43 Uhr alarmierten Feuerwehren aus Volksdorf, Sasel und Wandsbeck am
Flüchtlingsheim in der Schemmanstraße eintreffen, brennt eine Wohnung im
Hochparterre in voller Ausdehnung. Auch sind der angrenzende Flur und die
drei gegenüberliegenden Wohnungen bereits vom Feuer ergriffen. Die starke
Rauchentwicklung versperrt vielen BewohnerInnen den Fluchtweg, so daß sie an
den Fenstern auf Rettung warten. Den
insgesamt 65 Feuerwehrkräften gelingt es, noch acht BewohnerInnen aus dem
Gefahrenbereich herauszuholen – zwei Personen müssen über Drehleitern
gerettet werden. Drei
Flüchtlinge ziehen sich Verletzungen zu und kommen in Krankenhäuser –
darunter ein Kind, das mit Verbrennungen zweiten Grades in das
Kinderkrankenhaus Wilhelmsstift gebracht werden muß. Nach
der relativ schnellen Löschung des Brandes ist das Gebäude vor allem aufgrund
der massiven Verrauchung auf unbestimmte Zeit nicht mehr bewohnbar. Die
BewohnerInnen werden auf andere Flüchtlingsunterkünfte verteilt. Hamburg1video.de 12.3.07; Freiwillige Feuerwehr Hamburg 12.3.07; Welt 12.3.07 13. März 07 Kreis Ostholstein. In der
Wohnung der Familie Atoe kommt es zu einem massiven Polizeieinsatz. Victor
Atoe, ein 46-jähriger abgelehnter Asylbewerber aus Nigeria, soll festgenommen
und in Abschiebehaft genommen werden, um ihn am 15.03.07 zur nigerianischen
Botschaft in Berlin zu bringen. Seine Frau Mercy und die beiden drei und
sieben Jahre alten Kinder sollen an diesem Tag zwangsweise zum Landesamt in
Neumünster gebracht werden, um von dort aus am 15.03.07 ebenfalls nach Berlin
gebracht zu werden. Bei
diesem Polizeieinsatz ist der Leiter der Ausländerbehörde anwesend, aber kein
Arzt, obwohl dem Amt für den Fall einer Abschiebung eine diagnostizierte
Suizidgefahr bei Victor Atoe bekannt ist. Es kommt zu einer heftigen
Auseinandersetzung, da sowohl Frau als auch Herr Atoe sich weigern
mitzugehen. Dabei wird Herr Atoe so heftig gewürgt, dass er auch drei Wochen
später noch Schluckbeschwerden hat. Als die Polizisten Verstärkung anfordern,
springt er in Panik aus dem Fenster und flieht mit zersplittertem linken
Knöchel zu einem Bekannten, der ihn in das Travemünder Krankenhaus
Sana-Klinik bringt. Am
15. März 07 erfolgt ein weiterer Polizeieinsatz. Zunächst nimmt die Polizei
Frau Atoe nach erneuten erheblichen gewalttätigen Auseinandersetzungen – auch
in Gegenwart der Kinder – in ihrer Wohnung fest. Sie wird gefesselt und mit
ihren Kindern zusammen abtransportiert. Anschließend
holt die Polizei ohne ärztliches Einverständnis Herrn Atoe direkt aus dem
Krankenhaus ab. Er hat eine frische Operationswunde, und es bestehen erhebliche
Bedenken, ob er überhaupt transportfähig ist. Ohne ärztliche Begleitung, ohne
Thromboseprophylaxe und ohne Maßnahmen gegen die Gefahr einer Embolie wird
Herr Atoe gefesselt und ebenfalls nach Berlin zur nigerianischen Botschaft
gebracht. Beim
Anblick des auf der Krankentrage liegenden Victor Atoe ist der zuständige
Botschaftssekretär dermaßen empört über das Vorgehen der Ausländerbehörde,
daß er sich weigert, die Paßersatzpapiere auszustellen. Die Familie kehrt
nach Ostholstein zurück und bekommt monatsweise Duldungen, da der
komplizierte Bruch länger behandelt werden muß. Im Jahr 2008 hat die Familie
immer noch kein Bleiberecht, und Herr Atoe ist aus Angst vor Abschiebung
untergetaucht. Am
18. Januar 96 war Victor Atoe schon einmal in Deutschland aus einem Fenster
gesprungen. Beim Brand der Flüchtlingsunterkunft in der Hafenstraße in
Lübeck, bei dem zehn Menschen starben, schlief er als Gast bei einem Freund
und rettete sich in letzter Sekunde (siehe dort). Bei diesem Sprung
zertrümmerte sein rechtes Sprunggelenk. Nach der Operation teilten ihm die
Lübecker Chirurgen mit, daß in einem halben Jahr Metallplatten und Nägel aus
seinem Körper entfernt werden müßten, sonst drohe eine Knocheninfektion. Kaum
aus dem Krankenhaus entlassen und noch während der medizinischen Behandlung
wurde er am 1. Mai 1996 mit Gewalt nach Nigeria abgeschoben. Dort
hatte er keine Chance auf die notwendige Operation, das Bein entzündete sich.
Als Victor Atoe die Schmerzen nicht mehr aushielt, kehrte er im Frühjahr 1999
in die BRD zurück. Er meldete sich bei der Ausländerbehörde in Eutin und
wurde sofort nach Eisenhüttenstadt in Abschiebehaft gebracht. Seiner
damaligen Rechtsanwältin gelang es schließlich, einen befristeten Aufenthalt
für die Operation und anschließende Genesung durchzusetzen. Im August 1999
wurde er operiert; er hatte eine tiefsitzende Venenthrombose und befand sich
erneut in Lebensgefahr. Alle
übrigen Überlebenden des Brandanschlags hatten inzwischen ein Bleiberecht
erhalten. Für Victor Atoe galt die Regelung nicht, weil er nicht
Bewohner, sondern Gast im Hause war. Nur weil seine Frau nachreiste und zwei
Kinder bekam, konnte er geduldet bleiben – von 600 € mußte die vierköpfige
Familie leben. Obwohl er eine Stelle angeboten bekam, wurde ihm eine Arbeitserlaubnis
verweigert. Das Lübecker Flüchtlingsforum und zahlreiche UnterstützerInnen
setzten sich vergeblich für Victor Atoe ein, der seit der Brandnacht an
Panikattacken, Erinnerungsverlust und Schlaflosigkeit leidet und zweimal
wegen Suizidalität für mehrere Wochen in einer Psychiatrie war. Am
14. Juli 11 wird Victor Atoe in Berlin festgenommen und ins
Abschiebegefängnis Köpenick gebracht. In Amtshilfe für die Ausländerbehörde
Ostholstein wird so seine Abschiebung erneut vorbereitet. Aus
Protest gegen die Inhaftierung verweigert er ab dem 6. September die
Nahrungsaufnahme. Elf Tage später erleidet er einen körperlichen
Zusammenbruch und kommt ins Krankenhaus. Nach kurzer Behandlung erfolgt seine
Rückverlegung in die Abschiebehaft. Am 28. September wird er mit der Auflage
entlassen, sich nach Ostholstein zu begeben. Trotz
aller Bemühungen – auch der UnterstützerInnen – hat Herr Atoe Anfang des
Jahres 2012 noch kein dauerhaftes Bleiberecht erhalten. taz 24.1.06; TS 18.2.06; taz
21.3.07; taz 11.4.07; Angelika Beer – Europaabgeordnete der Grünen; Lübecker Flüchtlingsforum; Diakonie Lübeck; Björn
Stehn – Rechtsanwalt; Initiative gegen Abschiebehaft Berlin 13.9.11; taz 16.9.11; LN 28.9.11; ND 13.12.11; Der Schlepper Nr. 57/58 Dezember 2011; Initiative gegen Abschiebehaft Berlin; Frauen- und Familienberatung der HU 17. März 07 Im Transitbereich des Bukarester
Flughafens Otopeni wird Marin Mogos in einem unbenutzten Raum einer Baracke
tot aufgefunden. Er hat sich mit einer Wäscheleine erhängt. Herr
Mogos war mit seiner Frau und drei Kindern am 3. März 2002 abgeschoben
worden. Da sie staatenlose Roma sind, Herr Mogos zudem durch den rumänischen
Geheimdienst verfolgt und gefoltert wurde, hatten sie die Einreise nach
Rumänien verweigert. Seit der Abschiebung lebten sie im Transitbereich des
Flughafens. (siehe dort: 7. März 02) dpa 17.3.07; TS 18.3.07; WT 19.3.07; FR 26.3.07; TS 11.4.07 18. März 07 Bundesland Brandenburg.
Mindestens drei jugendliche Deutsche bedrohen den 46-jährigen Flüchtling aus der
Türkei, Musa E., in Potsdam über die Sprechanlage seines Wohnhauses und kurze
Zeit später vor der Wohnungstür. Einer von ihnen trägt, so ein Nachbar, eine
Eisenstange bei sich. Rassistische Parolen werden gerufen, wie
"Kanackenschwein" und "Scheißausländer". Herr
E. fürchtet um die Gesundheit und das Leben seiner beiden Kleinkinder und
seiner Frau, weil er nicht einschätzen kann, ob die Jugendlichen in die
Wohnung eindringen werden. Er ruft mehrfach den polizeilichen Notruf an, aber
Polizeibeamte erscheinen nicht. Als
die Drohung "Wir kriegen Dich!" gerufen wird, greift Herr E. in
panischer Angst nach einem Tischbein, öffnet die Tür und schlägt die
Povokateure in die Flucht. Dabei soll er einen der Jugendlichen an Schulter
und Arm getroffen und verletzt haben. Während
das Ermittlungsverfahren gegen die Jugendlichen eingestellt wird, wird dem
Angegriffenen im Oktober 2008 der Prozeß gemacht. Im Februar 2009 wird Musa
E. nach acht Hauptverhandlungstagen wegen gefährlicher Körperverletzung vom
Amtsgericht Potsdam zu fünf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Das
Gericht sieht keinen rassistischen Hintergrund der Tat, obwohl sogar
unabhängige Nachbarn während des Überfalls davon ausgegangen waren.
Bemerkenswert ist die Äußerung eines der beteiligten Mädchen, daß es das Wort
"Scheißausländer" nicht beleidigend gemeint habe, weil es für sie
ein ganz normales Wort sei. Der
Anwalt von Musa E. ficht umgehend das Urteil an, und auch die
Staatsanwaltschaft, die zehn Monate Haft auf Bewährung und 100 Sozialstunden
gefordert hatte, geht in Berufung. Am
26. April 10 entscheidet das Landgericht Potsdam die Einstellung des
Verfahrens gegen Musa E. – ohne jede Auflage. jW 8.10.08; taz 10.10.08; MAZ 2.2.09; MAZ 3.2.09; Hans-Eberhard Schultz – Rechtsanwalt; Opferperspektive 21.4.10; Opferperspektive 27.4.10 19. März 07 Am tschechisch-sächsischen
Grenzübergang Neugersdorf untersuchen Beamte der Bundespolizei einen
tschechischen Sattelauflieger, der Kabeltrommeln geladen hat. 14 Frauen und
13 Männer aus Vietnam, die wahrscheinlich kurz vor der Grenze zweieinhalb
Stunden vorher eingestiegen waren, werden entdeckt. Während des
anschließenden Verhörs stellt sich die Notwendigkeit heraus, zwei Personen in
die Notaufnahme des Krankenhauses Ebersbach zu bringen, das sie nach
ambulanter Versorgung wieder verlassen können. Alle
Männer und Frauen werden nach Beendigung der polizeilichen Maßnahmen gemäß
der Rückübernahmevereinbarung mit der Tschechischen Republik zurückgeschoben. SäZ 21.3.07; BPol Pirna 18.10.07 19. März 07 Hansestadt Hamburg. In einem
portugiesischen Café werden die kurdische Politikerin Sakine Cansiz und ihre
Begleiter von einem 15-köpfigen Polizeiaufgebot festgenommen und in
Handschellen abgeführt. Frau Cansiz kommt ins Untersuchungsgefängnis nach
Holstenglacis in Auslieferungshaft. Frau
Cansiz stammt aus Dersim, und aufgrund ihres Engagements für die kurdischen
Interessen hatte sie bereits 12 Jahre in türkischer Haft gesessen. Nach ihrer
Entlassung 1991 war sie nach Frankreich geflohen und hatte dort politisches
Asyl bekommen. Der
Haftbefehl des Staatssicherheitsgerichtes Malatya vom September 2002 gründet
sich auf "Zugehörigkeit zu einer terroristischen Organisation".
Frau Cansiz soll demnach als Hauptverantwortliche des KADEK bzw. der PKK im
Jahre 1993 an einer Guerilla-Ausbildung teilgenommen und ein Jahr später im
Lager Mahsum Korkmaz in Syrien drei Monate lang Aktivistinnen ausgebildet
haben. Zudem sei sie Mitglied des PKK-Zentralkomitees und der
"Frauenliga Kurdistans". Bei
einer Auslieferung droht ihr nach türkischem Recht eine Haftdauer von bis zu
22 Jahren. Fünf
Wochen nach ihrer Festnahme hebt der Strafsenat des Hanseatischen
Oberlandesgerichts den Haftbefehl auf, und Frau Cansiz wird freigelassen. Das
Gericht kommt zu dem Schluß, daß die von der Türkei vorgelegten Unterlagen
für eine Auslieferung bei weitem nicht ausreichend sind. Am
9. Januar 13 wird Sakine Cansiz zusammen mit der Frankreich-Vertreterin des
Kurdistan National Kongresses, Fidan Dogan, und der Jugendaktivistin Leyla
Saylemez mitten im Kurdischen Informationszentrum in Paris von einem oder
mehreren Attentätern durch Genickschüsse hingerichtet. AZADI 22.3.07; AZADI 26.3.07;
taz 28.3.07; taz 2.4.07; AZADI 26.4.07; taz
16.8.07; Nûçe Nr. 602 – 11.1.13; Nûçe Nr. 605 – 1.2.13; Nûçe Nr. 651 – 20.12.13; AZADI informationsdienst Nr. 133 Januar 14 19. März 07 In der Hamburger
Untersuchungshaftanstalt begeht ein 24 Jahre alter Abschiebegefangener aus
Burkina Faso einen Suizidversuch. Hamburgische Bürgerschaft DS 20/469 31. März 07 Prenzlau im Bundesland
Brandenburg. Als der 22-jährige Kameruner Ngoko N. vor einem Supermarkt von
zwei Männern als "Neger" beschimpft wird, kann er einer
Konfrontation noch ausweichen und geht weiter. Als er jedoch aus dem
Supermarkt herauskommt, wird er erneut provoziert, dann gegen den Hals
geschlagen und – als er den Angreifer wegstoßen will – in den Bauch getreten
und ins Gesicht geboxt. Niemand der zahlreichen Umstehenden greift ein. Erst
als Ngoko N. mit seinem Handy versucht, die Polizei zu rufen, flüchten die
Angreifer. Zwei
Monate später begegnet der Kameruner den beiden Männern zufällig, und er wird
erneut rassistisch angepöbelt. Gegenüber der Polizei kann er jetzt die beiden
Täter identifizieren. Gegen
den Haupttäter wird Anklage erhoben. Da dieser im Gerichtsverfahren sämtliche
Vorwürfe bestreitet und sich keiner der vielen Augenzeugen des Angriffs
gemeldet hat, wird er am 6. März 2008 freigesprochen. Im
Berufungsverfahren erkennt das Landgericht Neuruppin die Tat als
fremdenfeindlich und beleidigend im strafrechtlichen Sinne an und verurteilt
den Schläger am BeZ 3.4.07; PR-insude.com
5.4.07; e 110 6.4.07; PNN 7.4.07; JWB
11.4.07; Opferperspektive 7.3.08; jW 15.4.09; Opferperspektive März 07 Bösperde in Nordrhein-Westfalen.
Angehörige bangen um die Gesundheit von Herr D. aus dem Kosovo. Aus Angst vor
der für den nächsten Tag vorgesehenen Abschiebung war er mit seiner Frau und drei
Kindern untergetaucht. Herr
D. ist herz- und zuckerkrank. Die Medikamente hat die Familie bei ihrer
überstürzten Flucht in der Wohnung gelassen. Da sie zur Fahndung
ausgeschrieben ist, droht ihr bei Entdeckung die sofortige Festnahme. Nur
für den 17-jährigen Sohn Rama hat die Härtefallkommission entschieden, daß er
seinen Schulabschluß in der Hauptschule Am Gelben Morgen noch machen darf.
Voraussetzung dafür sei allerdings, daß er sich bei den Behörden meldet. Im
Juni bekommen die Flüchtigen Asyl in einer Kirchengemeinde. Mendener Ztg 20.3.07; DW Iserlohn März 07 Gangloffsömmern in Thüringen.
Ein 34-jähriger chinesischer Flüchtling wirft sich in Selbsttötungsabsicht
vor einen herannahenden Zug und verliert hierbei beide Unterarme. Als Folge
erteilt das Gericht Abschiebeverbot und ordnet eine gesetzliche Betreuung und
die Unterbringung in einer Einrichtung für psychisch und körperlich
behinderte Menschen an. Der
Mann war 2001 in die BRD eingereist und hatte Asyl beantragt. Nach der
Ablehnung seines Antrags wurde die Abschiebung angedroht. Da eine
Paßbeschaffung aber nicht möglich war, setzte ihn die Ausländerbehörde stark
unter Druck, damit er "freiwillig" das Land verläßt. Nach
der Verzweiflungstat des Flüchtlings wird er zur ergänzenden Therapie an das
psychologische Zentrum REFUGIO vermittelt. Bei der Anamnese wird deutlich,
daß bereits drei Suizidversuche vorausgegangen waren: Ein erster erfolgte in
der Landesaufnahmestelle Eisenberg. Danach versuchte der Mann, aus einem
Fenster in einem Flüchtlingslager zu springen, und wurde von einem
Jugendlichen durch Festhalten daran gehindert. Der dritte Versuch, sich das
Leben zu nehmen, geschah während einer Zwangsvorführung zur Paßbeschaffung
bei der chinesischen Botschaft. Für
diese insgesamt vier Suizidversuche ist auch eine nicht näher diagnostizierte
Schizophrenie verantwortlich. Laut REFUGIO werden psychisch kranke
AsylbewerberInnen nicht angemessen untersucht und behandelt, sondern einfach
durch Medikamentengaben ruhiggestellt. Daher kommt es im Zusammenwirken mit
traumatisierenden Fluchterlebnissen, zermürbenden Asylverfahren und der
Unterbringung in menschenunwürdigen Flüchtlingslagern oft zu extremen
Reaktionen der Betroffenen. Flüchtlingsrat Info Thüringen Nr. 1/2008; REFUGIO Thüringen März 07 Demmin im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Der 25 Jahre alte Jussuf
T. aus Benin, der vor drei Jahren in die Bundesrepublik geflüchtet war,
beantragt in der Ausländerbehörde eine Erlaubnis,
den Landkreis zu verlassen, um seine deutsche Freundin und ihr gemeinsames,
gerade geborenes Baby besuchen zu können. Der Sachbearbeiter legt ihm ein
Papier vor und fordert ihn auf, seine Unterschrift unter den Text zu setzen.
Der Flüchtling unterschreibt nicht, denn er erkennt rechtzeitig, daß es sich
um eine "freiwillige" Ausreiseerklärung handelt. Der
Leiter der Ausländerbehörde, Rainer Plötz, zu diesem Vorfall einer
Journalistin gegenüber: "Wissen Sie, wie viele Scheinehen es in
Deutschland gibt? Der muß erst einmal nachweisen, dass er wirklich der Vater ist,
so lange bleibt er ausreisepflichtig." Tatsächlich
war Jussuf T. mit seiner Freundin schon vor längerer Zeit beim Jugendamt
gewesen, um seine Vaterschaft anerkennen zu lassen. taz10.8.07 3. April 07 Bundesland in Sachsen-Anhalt.
Zwei irakische Flüchtlinge aus Berlin, die einen Bekannten in der Nähe von
Halberstadt besuchen, befinden sich auf dem Wege in das Ameos-Klinikum, weil
einer von ihnen – er ist gehbehindert – unter großen Schmerzen leidet. An
einer Telefonsäule in der Kühlinger Straße werden sie gegen 2.00 Uhr von drei
deutschen Männern als "Kanacken" beschimpft. Sie
flüchten, werden aber an der Kreuzung zur Heinrich-Julius-Straße von den
Verfolgern eingeholt. Der 25-jährige Iraker wird durch einen Fußtritt eines
Täters in den Rücken zu Boden gebracht und anschließend mit dessen
Teleskop-Schlagstock geschlagen – die beiden anderen Rassisten treten auf ihn
ein. Als sein Begleiter ihm zu Hilfe kommen will, wird auch er angegriffen.
Der Haupttäter zieht ein Messer und verletzt den Behinderten damit an der
Hand. Als
die von einem Wachmann gerufene Polizei eintrifft, fliehen die Täter, können
nach einer kurzen Verfolgungsjagd jedoch festgenommen werden. Der
Iraker muß sich mit der verletzten Hand, erheblichen Verletzungen am Kopf, Brustkorb,
Rippen, Becken und Genitalbereich in das St.-Salvator-Krankenhaus in
Behandlung begeben. Mitte
September stellt die Halberstädter Staatsanwaltschaft das
Ermittlungsverfahren gegen die drei Täter "mangels hinreichenden
Tatverdachts" ein. Erst durch die Intervention der Rechtsanwältin der
Opfer wird im Januar 2008 Anklage gegen die Täter erhoben. Am
21. Oktober 2008 beginnt die Gerichtsverhandlung vor dem Jugendrichter des
Amtsgerichtes Halberstadt. Nach dreitägiger Hauptverhandlung wird der 23-jährige
Haupttäter zu einem Jahr Haft auf zwei Jahre Bewährung verurteilt. Zudem muß
er 500 € an den "Verein zur Wahrung jüdischen Erbes in Halberstadt und
Umgebung" zahlen. VM 22.10.08; mut-gegen-rechte-gewalt.de; Mobile Beratung für Opfer rechter Gewalt 5. April 07 Zentrale Aufnahme- und
Ausländerbehörde (ZAAB) Blankenburg. Als morgens um 7.45 Uhr zwei
Verwaltungsvollzugsbeamte an der Zimmertür einer Flüchtlingsfamilie
erscheinen, um eine 35 Jahre alte abgelehnte Asylbewerberin mit ihrem
5-jährigen Kind im Rahmen der Abschiebung zum Hamburger Flughafen abzuholen,
zieht der Ehemann ein Messer und verschließt die Tür vor den Beamten. Er
droht im Falle eines gewaltsamen Öffnens der Tür, seine Familie und sich
umzubringen. Durch herbeigerufene Russisch-sprechende ZAAB-Mitarbeiter
gelingt es, den 45-Jährigen zu beruhigen und zum Aufgeben seiner Drohung zu
bringen. Als er die Tür öffnet, wird er von Polizisten überwältigt und
entwaffnet. Nach
Vernehmung auf dem Polizeirevier wird er aus dem Polizeigewahrsam wieder
entlassen. Polizei Oldenburg 5.4.07 9. April 07 Schwerin in
Mecklenburg-Vorpommern. Passanten finden im Stadtteil Großer Dreesch in der
Hamburger Allee einen 27 Jahre alten Asylbewerber aus Algerien, der durch
"massive Stichverletzungen" verblutet ist. HA 12.4.07; taz 14,4,07 10. April 07 Schwerin in
Mecklenburg-Vorpommern. In der Nähe des Bahnhofs auf dem Grünthalplatz werden
gegen 19.30 Uhr ein 14-jähriges iranisches Mädchen und ihr 16 Jahre alter
Bruder aus einer Gruppe von vier Kurzgeschorenen heraus angepöbelt. Die
Jugendlichen wollen ihren Vater (44) und andere Angehörige aus einem nahe
gelegenen Imbiß abholen. Als diese dann die Rassisten zur Rede stellen wollen
und dieses erfolglos ist, wenden sie sich ab. Ein 21-jähriger Rechter wirft
daraufhin eine Bierflasche in ihre Richtung. Rassistische Beleidigungen und
Naziparolen werden wieder laut. Bei der folgenden Schlägerei erleidet die
14-jährige Iranerin eine Verletzung an der Lippe, und ihr Vater bekommt einen
so heftigen Faustschlag, daß er mit einem Unterkieferbruch ins Krankenhaus
kommt. Als
Polizeibeamte erscheinen, nehmen sie die Personalien der Angreifer auf und
schicken sie dann nach Hause. Erst als sich der Staatsschutz einschaltet,
wird Haftbefehl gegen zwei Angreifer (20 und 21 Jahre alt) erlassen. Sie sind
aufgrund mehrfacher Körperverletzungs- und Diebstahlsdelikte polizeibekannt.
Gegen den 20-Jährigen ermittelt die Polizei zudem wegen der Verwendung von
Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen. Er wird im September –
unter Einbeziehung einer Jugendstrafe von 15 Monaten – zu zwei Jahren ohne
Bewährung verurteilt. Der Prozeß gegen seinen Kumpan wird getrennt verhandelt
und ist im Oktober 2007 noch nicht entschieden. dpa 12.4.07; SVZ 12.4.07; SeZ
12.4.07; taz 14.4.07; OZ 14.4.07; ndr-online 5.9.07; SVZ 6.9.07; StA
Schwerin 11. April 07 Lotte in Nordrhein-Westfalen. Im
"Übergangsheim für die Unterbringung von Asylbewerbern" an der
Moorbreede in Wersen wird ein 34 Jahre alter Flüchtling aus Nepal tot
aufgefunden. Die
Polizei schließt Fremdverschulden aus und geht eindeutig von einer
Selbsttötung aus, denn der Tote wird in einer großen Blutlache aufgefunden.
Er hat sich offenbar mehrmals selbst in den Leib gestochen. Der
Mann, der seit 2003 in Lotte lebte, galt als "psychisch instabil". NOZ 13.4.07 11. April 07 Abschiebegefängnis Köpenick in
Berlin. Der Abschiebegefangene R. P. versucht sich zu töten. BT DS 16/9142 Mitte April 07 Flüchtlingsunterkunft im
Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main in Cargo City Süd, Gebäude C
587. Sechs Tage nach ihrer Ankunft wird eine hochschwangere Eritreerin von
Beamten des Bundesamtes (BAMF) zu ihren Fluchtgründen angehört. Sie hat ihre
beiden Kinder dabei, von denen eines behindert ist. Die Frau ist nervlich und
körperlich völlig erschöpft, und sie ist überhaupt nicht in der Lage, genau
zu beschreiben, was sie erlebt hat. Zwei
Tage nach dem letzten Verhör beginnen die Wehen, und ihr Kind wird geboren. Während
die Beamten des Bundesamtes im Flughafen-Transitbereich zu dem Schluß
gekommen sind, die Frau wolle "mit allen Mitteln (...) ein Asylschicksal
konstruieren", hält das Verwaltungsgericht Wiesbaden im März 2008 die
Äußerungen der Frau für "nachvollziehbar und glaubwürdig" und
erkennt die Asylberechtigung vor drohender politischer Verfolgung an. Pro Asyl 12.3.09; FR 13.3.09 16. April 07 Nordkirchen in
Nordrhein-Westfalen. Die 30-jährige Nepalesin Ganga Limbu wird vor 6 Uhr in
der Frühe von sieben Beamten in ihrer Wohnung festgenommen und abgeführt. Sie
darf weder einen Koffer packen, noch sich von ihrer 4-jährigen Tochter Sumy
verabschieden. Sie wird zuerst nach Münster gefahren, dann in Neuss
inhaftiert, schließlich nach Bielefeld gebracht und soll am 24. April allein
abgeschoben werden. Ihr Lebensgefährte Narendra Thoklihang stammt
aus Bhutan. Wegen fehlender Papiere konnte das Paar nicht heiraten. Ihre
gemeinsame Tochter trägt seinen Familiennamen. Aufgrund ihrer ungeklärten
Staatszugehörigkeit können Vater und Tochter nicht abgeschoben werden. Sumy gilt als ein besonders schwieriges Kind.
Sie spricht weder Deutsch noch Nepalesisch noch bhutanesische Dialekte,
sondern hat eine eigene Sprache entwickelt, die allein ihre Mutter versteht.
Trotzdem wollen die Behörden durch die Abschiebung die dauerhafte Trennung
von Sumy und ihrer Mutter, ihrer einzigen Bezugsperson, in die Wege leiten. Die Erzieherinnen des Kindergartens St.
Mauritius kennen Sumys Eigenheiten und Probleme genau. Als sie erfahren, daß
Ganga Limbu verhaftet ist, setzen sie alle Hebel in Bewegung, um eine
Freilassung der Mutter zu erreichen. Sie sprechen mit der Ausländerbehörde
und der Rechtsanwältin, holen sich Unterstützung vom Flüchtlingsrat NRW, der
Gemeinde, der Kirche und diversen anderen Organisationen. Sie bringen Kleidung
und Geld in die Haftanstalt, sie sammeln Unterschriften und erreichen beim
zuständigen Verwaltungsgericht Münster schließlich, daß Frau Limbu einen Tag
vor der geplanten Abschiebung entlassen wird. Eine Trennung von Mutter und
Kind würde dem Artikel 6 des Grundgesetzes (Schutz von Ehe und Familie)
widersprechen, so das Gericht. Bis zum 11. Juni 07 wird eine Duldung
ausgesprochen, um Möglichkeiten für eine gemeinsame Ausreise zu prüfen. Damit
besteht weiterhin die Gefahr einer Trennung von Mutter und Kind. GGUA-Flüchtlingshilfe 25.4.07; Ruhr Nachrichten 25.4.07; Kindergarten St. Mauritius Nordkirchen 17. April 07 Bundesland Baden-Württemberg.
Der aufgrund seiner politischen Verfolgung anerkannte syrische Flüchtling X.
H. wird nach der Verbüßung von 16 Monaten einer 2-jährigen Haftstrafe aus der
Abschiebehaft Rottenburg in sein Verfolgerland Syrien abgeschoben. Dort
erfolgen seine Festnahme, Verhöre und Folterungen durch den syrischen
Geheimdienst. Seine Peiniger wollen von ihm erfahren, welche Personen in der
BRD in der Exil-Opposition aktiv sind. Erst nach drei Monaten kommt er frei,
so daß seine Verletzungen, die ihm durch Folter zugefügt wurden, in einer
syrischen Klinik behandelt werden können. Im
August 2008 gelingt Herrn H. erneut die Flucht in die BRD, wo er zunächst die
Restzeit seiner Strafhaft absitzen muß. Schattenbericht Abschiebehaft 2010 18. April 07 Minden in Nordrhein-Westfalen.
Im Rahmen von Ermittlungen hinsichtlich Verstößen gegen ausländerrechtliche
Bestimmungen bzw. illegalen Aufenthalts durchsuchen Polizisten und Angehörige
des Ausländeramtes eine Wohnung in der Straße Über den Wiesen. Dort entdecken
sie einen 45-jährigen Serben, der sich versteckt hat. Er hält ein größeres
Messer in der Hand und droht, sich damit zu töten. Einer
hinzugezogenen Spezialeinheit der Polizei gelingt es, den Mann zu
überwältigen und ihm das Messer abzunehmen. Dem
seit 15 Jahren in der BRD lebenden Serben, dessen Asylantrag im Jahre 2003
abgelehnt wurde, droht jetzt die Abschiebung. Polizei Minden-Lübbecke 18.4.07; AG Minden 25. April 07 Waldshut in Baden-Württemberg.
In der Nähe des Bahnhofs wird ein 25 Jahre alter Inder von vier bis sechs
Deutschen angepöbelt, verfolgt, zusammengeschlagen und getreten. Der Inder
wird zeitweilig bewußtlos. Bevor
die Polizei erscheint, ist der Überfall vorüber. Der Inder wird vom Roten
Kreuz ins Waldshuter Krankenhaus gebracht und bleibt dort wegen seiner
Kopfverletzungen einige Tage. Drei Täter im Alter von 17 bis 24 Jahren werden
vorübergehend festgenommen – bei zweien wird eine Blutuntersuchung auf
Alkohol angeordnet. Laut Polizei handelt es sich bei der Angreifergruppe um
"gewaltbereite Jugendliche" aus dem Bahnhofsumfeld. Aus Angst vor
weiterer Mißhandlung erstattet der Inder keinen Strafantrag gegen die Täter. Die
Kleine Strafkammer des Landgerichts verurteilt den 28-jährigen Haupttäter im
Februar 2008 zu einer Gefängnisstrafe. SK 27.4.07; SK
28.4.07; SK 4.5.07; SK 26.2.08; SK
27.2.08; SK 28.2.08 April 07 Der 30 Jahre alte abgelehnte Asylbewerber
Roger J. stirbt eine Woche nach der Abschiebung in Togo. Diese Information
wird von einem Journalisten weitergegeben, der sie von einem
Militärangehörigen (sogenannte Sicherheitskraft) am Flughafen erhielt. Roger
J. sei direkt nach der Ankunft in Lomé festgenommen und zu seinen
exilpolitischen Tätigkeiten verhört worden. Da er in der BRD politisch nicht
aktiv war, hat er dazu auch keine Aussagen gemacht. Er erklärte sich nicht
bereit, mit dem Regime zusammenzuarbeiten. Nach Aussagen des Militärs wurde
ihm daraufhin Gift verabreicht. Er wurde entlassen und starb, ohne mit seiner
Familie Kontakt aufnehmen zu können. Nach
Aussagen desertierter Militärangehöriger aus Togo und ehemaliger Angehöriger
von Milizen der Regierungspartei RPT (Rassemblement du peuple togolais) ist
es durchaus üblich, bei nicht kooperativen Abgeschobenen Gift einzusetzen,
das erst nach einigen Tagen wirkt. Als
Roger J. im Jahr 2004 verdächtigt wurde, einen Putsch gegen den Diktator
Eyadema vorzubereiten, seine Wohnung verwüstet worden war und nach ihm
gefahndet wurde, mußte er aus Togo fliehen. Seine Asylanträge in Deutschland
waren vom Bundesamt und vom Verwaltungsgericht Düsseldorf abgelehnt worden. Als
der behördliche Ausreisedruck im nordrhein-westfälischen Kreis Kleve gegen
ihn größer wurde, war er nach Spanien geflüchtet, von wo aus er nach Togo
abgeschoben wurde. Barbara Ginsberg – Rechtsanwältin 2. Mai 07 Im Rahmen der Sammelabschiebung
in den Kosovo werden auch der 9-jährige taubstumme Muhammed und seine 15 Jahre
alte ebenfalls taubstumme Schwester Zahide über Düsseldorf ausgeflogen –
zusammen mit ihren Eltern, zwei volljährigen Brüdern und einer 9-jährigen
Schwester. Sie
kommen nach der Abschiebung in der slumähnlichen Siedlung Fushe Kosove unter.
Finanzielle Unterstützung erhalten sie zunächst noch durch das URA-Projekt
(URA = "Die Brücke"; von Innenministerien gefördertes
Rückkehrprojekt). Im August müssen sie das Haus wegen Eigenbedarfs des
Besitzers verlassen. Der Vater, ein Ashkali, ist schwer zuckerkrank, muß sich
bis zu viermal in 24 Stunden Insulin injizieren, das sehr teuer ist. Die
Kinder gehen hier nicht mehr zur Schule, weil es nur eine albanische Schule
gibt, sie die Sprache nicht verstehen und sich zudem als Roma isoliert und
bedroht fühlen. Die
Lebensperspektive für die beiden taubstummen Kinder ist sehr schlecht. Es
gibt zwar in Peje ein Internat, jedoch könnten die Eltern nicht einmal die
Fahrkosten bezahlen. Sebastian H. Ludwig -
DWEKD 3. Mai 07 Berlin – Flughafen Tempelhof – 6.55
Uhr. Ein an den Handgelenken gefesselter Mann wird an Händen und Füßen von
zwei Zivilisten aus einem Polizeiauto gezerrt, über den hinteren Eingang in
die wartende Maschine der Brussels Airlines SN 2590 gebracht und in die
letzte Sitzreihe gesetzt. Die Beamten flankieren ihn, indem sie rechts und
links von ihm Platz nehmen. Der Mann wehrt sich. Als die ersten regulären
Fluggäste die Maschine betreten, beginnt der Gefangene zu rufen: "Helfen
Sie mir, bitte. Helfen Sie mir!". Ein dritter Bewacher kniet auf einem
Sitz in der Reihe davor und versucht, mit einer Decke die Sicht zur letzten
Sitzreihe zu behindern. Trotzdem können Zeugen erkennen, daß der Mann mit
Gewalt in den Sitz gedrückt wird. Auch hantiert ein Mann, der eine
kofferähnliche Instrumententasche bei sich hat, hinter der Sichtblende. Einige
Passagiere protestieren und beschweren sich beim Flugkapitän über die
Behandlung des Gefangenen. Sie fordern die Mitreisenden auf, die Maschine aus
Protest zu verlassen, und die nachfolgenden Fluggäste bitten sie, das
Flugzeug nicht zu betreten, solange der Mann – offensichtlich gegen seinen
Willen – abgeschoben werden soll. Etwa die Hälfte der Passagiere, ca. 50
Personen, stehen schließlich draußen vor der Maschine und weigern sich
einzusteigen. Der
Pilot versucht sie zu überreden, indem er versichert, daß die Polizei ihm
mitgeteilt habe, daß der Mann in "wenigen Minuten ruhig gestellt
sei", er würde ein "Beruhigungsmittel" bekommen, und daß es
deshalb auf dem Flug keine weiteren "Störungen" geben würde. Auch
das Argument eines Polizeibeamten, es handele sich um einen
"Drogendealer", der "schon viel Ärger gemacht" habe,
bringt die Protestierenden nicht zur Umkehr. Aus
den Äußerungen der Beamten und des Piloten geht hervor, daß es sich bei dem
ca. 30-jährigen Mann um einen abgelehnten Asylbewerber handelt, der nach
Sierra Leone abgeschoben werden soll. Nach
ca. insgesamt einer halben Stunde wird der Mann wieder aus der Maschine
gebracht. Jetzt liegt er bewußtlos in den Armen der Beamten und wird in einen
großen Polizeiwagen getragen. Anzumerken
ist noch, daß alle vier Beamte Zivil tragen und die Außenaktivitäten von
einer ebenfalls zivil gekleideten Frau gefilmt werden. Augenzeugenberichte 4. Mai 07 Der 34 Jahre alte Veysel Cinar
wird an der schweizerisch-deutschen Grenze in Kreuzlingen bei einer Kontrolle
durch deutsche Polizisten festgenommen. Er kommt in Auslieferungshaft nach
Stuttgart-Stammheim, weil die Türkei ein Auslieferungsbegehren über Interpol
gestellt hat. Veysel
Cinar war wegen seiner journalistischen und sonstigen oppositionellen
Tätigkeiten 1998 in Istanbul in Haft geraten und am 13.12.01 vom
Staatssicherheitsgericht Istanbul zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe
verurteilt worden. Die Strafdauer korrigierte das Gericht später auf 30 Jahre.
Der
Gefangene saß dann jahrelang im Ümraniye-Gefängnis. Nach der Stürmung des
Gefängnisses durch die türkische Armee, wodurch ein Todesfasten der
Gefangenen unterbrochen werden sollte, kam Veysel Cinar in das
F-Typ-Gefängnis nach Kandira in Isolationshaft. Von hier aus wurde er unter
strengen Auflagen im Jahre 2001 entlassen. Er
floh 2002 ins Ausland und wurde im Jahre 2003 als politischer Flüchtling in
Frankreich anerkannt. Am 8. Mai hebt das Oberlandesgericht Karlsruhe den
Haftbefehl auf. Aus der Begründung: "...verstoßen Urteile von türkischen
Staatssicherheitsgerichten wegen fehlender Unabhängigkeit und
Unparteilichkeit aber gegen Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der
Menschenrechte und Grundfreiheiten, wenn an diesem ein Militärrichter mitgewirkt
hat." Comité Unitaire Antilibéral
34; ASSM – 7.5.07; OLG Karlsruhe 8.5.07 8. Mai 07 Abschiebehaftanstalt Sandholm
bei Kopenhagen, Dänemark. Aus Angst vor der geplanten Rückschiebung in die
Bundesrepublik versucht Hamidur Rahman, sich das Leben zu nehmen. Er wird mit
aufgeschnittenen Pulsadern in ein Krankenhaus und am nächsten Tag in die
Psychiatrie eingeliefert. Hamidur
Rahman, ein 30-jähriger Bauingenieur aus Bangladesh, war wegen politischer
Verfolgung als Aktivist der Oppositionspartei Awami League mit Frau und
1-jährigem Sohn in die Bundesrepublik geflohen. Sein im November 2004
gestellter Antrag auf politisches Asyl wurde abgelehnt; die Familie erhielt
eine Duldung und lebte zwei Jahre lang in verschiedenen Unterkünften in
Rheinland-Pfalz. Herr
Rahman erstritt sich eine Arbeitserlaubnis, fand einen Job bei einer Baufirma
und besuchte heimlich einen Deutschkurs. Als er sich erfolgreich – aber ohne
Rücksprache mit den Behörden – um eine besser bezahlte Stelle bewarb, verlor
er seine Arbeitserlaubnis. Da
gibt Hamidur Rahman zum ersten Mal auf, versucht sich mit einer Überdosis
Tabletten das Leben zu nehmen und wird ins Krankenhaus eingeliefert. Seine
Ehe zerbricht an dieser Situation. Seine Frau, eine chinesisch-stämmige
Malaysierin, erklärt im März 2007, sie wolle mit dem Sohn zurück nach
Malaysia. Damit wird die Duldung der Familie hinfällig. Beide bekommen
Flugtickets nach Bangladesh. Als
der deutsche Sozialarbeiter auf dem Flughafen Frankfurt Herrn Rahman kurz den
Rücken zudreht, ergreift dieser die Flucht. Am
20. März fährt Hamidur Rahman mit dem Zug nach Dänemark und fliegt von hier
aus Richtung Westen. Er fliegt über kleine Flughäfen, auf denen kaum
kontrolliert wird, erreicht die Faröer Inseln, dann Island, dann Grönland. Dort
tastet er sich weiter von Ort zu Ort nach Norden vor und erreicht am 18.
April Thule, einen 650 Einwohner-Ort elf Grad nördlich des Polarkreises – im
äußersten Nordwesten von Grönland. Sein
Ziel ist Kanada – er hat gehört, daß 95% aller AsylbewerberInnen hier
aufgenommen und Baufachleute dringend gesucht werden. Von Thule will er zu
Fuß über das Wasser des meist zugefrorenen Smith-Sundes, um so die kanadische
Insel Ellesmere zu erreichen. Er hofft, die 200 km lange Strecke in 20
Tagesmärschen überwinden zu können. Ohne geeignete Ausrüstung ist seine
Chance jedoch gleich null. Am
20. April wird er von einem Helikopter, der zufällig die Route geändert hat,
völlig erschöpft entdeckt und gerettet. Nach der Landung erfolgt seine
Verhaftung und am 1. Mai die Überstellung zurück nach Dänemark. In der
Abschiebehaft beginnt er sofort einen Hungerstreik, eine Woche später
schneidet er sich die Pulsadern auf. Am
10. Mai gelingt ihm die Flucht aus dem Krankenhaus. Seitdem bemüht sich der
in Deutschland abgelehnte Asylbewerber, in Skandinavien als Papierloser zu
überleben. (siehe auch: 3. Mai 08) Magazin der SZ 7.7.07; Tina Übel – Journalistin 11. Mai 07 Wismar in
Mecklenburg-Vorpommern. Der 40 Jahre alte togoische Flüchtling Kudzo
Agbevohia wird aus einer Gruppe von ca. 15 Personen heraus rassistisch
beschimpft und mehrmals geschlagen. Ein Passant, der die Szene beobachtet,
ruft die Polizei, doch bevor sie eintrifft, fliehen die Angreifer. Kudzo
Agbevohia wird dabei leicht verletzt. Kudzo
Agbevohia hat bereits vor einem Jahr einen gewalttätigen rassistischen
Überfall erlebt und ist seitdem seelisch schwer traumatisiert. (siehe auch:
25. April 06) LOBBI 13. Mai 07 Bundesland
Mecklenburg-Vorpommern. In Rostock werden zwei togoische Flüchtlinge (19 und
20 Jahre alt) aus einer Gruppe von ca. 10 Personen heraus rassistisch
beschimpft und bedroht. Als sie der Konfrontation aus dem Wege gehen wollen,
werden sie verfolgt und mit Flaschen und Stöcken beworfen. Die
durch einen Zeugen gerufene Polizei kann kurze Zeit später die Provokateure
stellen. Es kommt zu einer Gegenüberstellung im Polizeirevier, während der
die togoischen Männer erneut bedroht werden, ohne daß die Beamten ein schreiten. Die Deutschen
prophezeihen, daß die Afrikaner beim nächsten Mal "dran" seien,
weil sie ja jetzt ihre Gesichter kennen. LOBBI 14. Mai 07 Bundesland Nordrhein-Westfalen.
Nach 18-monatigem Kirchenasyl in der Gemeinde Horstmar in Niederaden wird
Hadjera Avdulji mit ihrer 6-jährigen Tochter Sibel nach Belgrad abgeschoben.
Damit ist die Romni aus dem Kosovo auch von ihren zwei Söhnen im Alter von
acht und neun Jahren getrennt. Die
Söhne haben ein Bleiberecht in der BRD, weil sie bei ihrem Vater leben, der
mit einer Deutschen verheiratet ist. Nach
der Abschiebung kommt Hadjera Avdulji mit ihrer Tochter bei Verwandten im
serbischen Zrenjanin unter. Sibel, die in Deutschland geboren ist, leidet
sehr unter der plötzlichen Trennung von ihren Brüdern und FreundInnen aus dem
Kindergarten Sie ißt nicht mehr, verliert viel Gewicht, wird krank. RN 9.5.07; Netzwerk Bleiberecht Münsterland 23. Mai 07 Bundesland Hessen. Der 7-jährige
Kenan Zejnelovic wird nach dem Verlassen der Frankfurter Wohnung im
Treppenhaus von Feldschutzkommissaren der Stadt Frankfurt abgefangen. Als er
sagt, daß er auf dem Weg zur Schule ist, kommt die Antwort, daß er nicht mehr
zur Schule gehen müsse, sondern nach Jugoslawien geschafft werde. Dann
bringen sie ihn zurück zu seiner Mutter und nehmen beide mit zur
Ausländerbehörde. Jasmina Zejnelovic wird verboten zu telefonieren. Trotzdem
gelingt es ihr, eine SMS an ihre Schwägerin zu senden, woraufhin diese dann
zur Behörde kommt. Vor den Augen ihres völlig verstörten und ununterbrochen
weinenden Sohnes wird Jasmina Zejnelovic mit unterschiedlichen
Abschiebungsdrohungen dann so unter Druck gesetzt, daß sie die Zustimmung zur
"freiwilligen Ausreise" unterschreibt. Auch will sie durch die
Unterschrift verhindern, daß ihre 12-jährige Tochter Meliha, die sich gerade
auf einer Klassenfahrt befindet, dort festgenommen wird. Nach zweieinhalb
Stunden darf sie mit ihrem Sohn zurück in ihre Wohnung. Kenan
ist seither traumatisiert, und seine Angstzustände, die schweren
Schlafstörungen, seine Insichgekehrtheit und das Einnässen müssen
psychotherapeutisch behandelt werden. Diese Behandlung wird im Jahre 2008
abgebrochen, weil die Krankenkasse wegen des ungeklärten Aufenthaltsstatus
die Kosten nicht mehr übernimmt. Auch im Jahre 2009 – so ein Gutachten –
leidet der Junge weiter unter den Symptomen einer Posttraumatischen
Belastungsstörung. Die
alleinerziehende Mutter aus Serbien erfüllt mit ihren zwei Kindern fast alle
Kriterien nach der neuen Bleiberechtsregelung. Sie ist seit mehr als sechs
Jahren in der BRD und kann für ihren Unterhalt sorgen. Auch eine Verurteilung
wegen einer "Scheinehe" zu 45 Tagessätzen bleibt unterhalb der
Regelung im Bleiberecht von 50 Tagessätzen. Trotzdem
meint der Amtsleiter der Ausländerbehörde, Joachim Seidel, daß es keinen
Ermessensspielraum mehr gebe und konstatiert: "Ich muß die Straftäterin
festnehmen." Eine
Flüchtlingshelferin, die mit einem offenen Brief an das Hessische
Innenministerium das Verhalten der Feldschutzkommissare öffentlich gemacht
hatte, wurde von der Stadt wegen Verleumdung angezeigt. Dieses Ermittlungsverfahren
wird später eingestellt. Jasmina
Zejnelovic war 1999 mit der damals 3-jährigen Meliha in die BRD geflüchtet.
Kenan ist in Frankfurt geboren und aufgewachsen. Seit der Verurteilung wegen
"Scheinehe" bekommt sie keine Arbeitserlaubnis mehr, so daß sie
Stellenangebote ablehnen und von Hartz IV leben muß. jW 21.6.07; Hanauer
Helferkreis für Flüchtlinge und Asylbewerber; jW 22.6.09; FR 1.7.09 28. Mai 07 Berlin. Weil er den psychischen
Druck der für den nächsten Tag geplanten "freiwilligen" Ausreise in
die Türkei nicht aushalten kann, bricht der 21 Jahre alte Kurde Yilmaz Sam
nervlich zusammen und kommt in die Psychiatrie des Urban-Krankenhauses. Yilmaz
Sam war als 10-Jähriger aus der Türkei geflohen, nachdem seine Eltern verhaftet
worden waren. Seither lebte er in Heimen und später in betreuten
Jugendwohngemeinschaften. Die
Bedingungen, einen Aufenthalt nach der Bleiberechtsregelung zu bekommen,
erfüllt Yilmaz Sam vollkommen, doch wurde ihm die gescheiterte Ehe mit seiner
deutschen Freundin als "Scheinehe" vorgeworfen und der Antrag
abgelehnt. Die Duldungsbefristungen wurden dann für immer kürzere
Zeitintervalle ausgestellt, um den Ausreisedruck auf Yilmaz Sam zu erhöhen.
Zudem wurde er am 10. Mai unangekündigt in seiner Wohnung festgenommen und
zum Flughafen gebracht. Nur durch eine unverzüglich eingereichte Petition
konnte sein Abflug verhindert werden. Dem
21-Jährigen droht nach einer eventuellen Abschiebung die Zwangsrekrutierung
in die türkische Armee. FRat Berlin 31.5.07; taz 1.6.07; 31. Mai 07 Hohenthurm in Sachsen-Anhalt.
Ein 28-jähriger Flüchtling aus Togo ist zu Fuß auf dem Weg zu seiner
Unterkunft, als ihm auf der Straße ein Transporter entgegenkommt. Er sieht, wie
der Beifahrer mit seinen Händen eine Bewegung macht, als würde er mit einem
Gewehr auf ihn zielen und dann abdrücken. Das Auto fährt weiter, aber der
Togoer, der bereits in der Vergangenheit Opfer eines rassistischen Angriffs
wurde, ist total schockiert und ruft die Polizei. Es wird wegen Bedrohung
ermittelt. Mobile Beratung für Opfer rechter Gewalt Mai 07 Im Abschiebegefängnis
Berlin-Köpenick gab es nach Auskunft des Senators für Inneres auf die Anfrage
von Bündnis 90/Die Grünen ab Januar zwei Suizidversuche von männlichen
Gefangenen. Es werden die Selbsttötungsversuche eines Libanesen (Haftdauer 23
Tage) und eines Serben (Haftdauer 42 Tage) genannt. Abgeordnetenhaus Berlin DS 16/10839; Abgeordnetenhaus Berlin DS 16/11578 7. Juni 07 Angola. Der 24 Jahre alte
Angolaner Sherry Alex stirbt im Krankenhaus des 5. Distrikt do Bairro in
Luanda an der zerebralen Form der Malaria tropica. Sherry
Alex war am 14. August 06
direkt aus der Jugendstrafanstalt Heinsberg in Nordrhein-Westfalen nach
Angola abgeschoben worden. Eine Malariaprophylaxe, die das Auswärtige Amt für
alle Reisenden und deutschen Bediensteten empfiehlt, hatte er nicht bekommen. 1990
war seinen Eltern mit vier kleinen Jungen die Flucht vor dem Krieg in die BRD
gelungen, und sie hatten Asyl beantragt. Sherry war damals acht Jahre alt und
wuchs in Langenfeld und Monheim auf. Er war ein begabter Fußballspieler in
der Regionalligamannschaft und ein guter Zeichner und Maler. Wegen
verschiedener Gewaltdelikte war er am 19. November 2003 vom Amtsgericht
Langenfeld unter Einbeziehung von Bewährungsstrafen zu einer Haftstrafe von
drei Jahren und sieben Monaten verurteilt worden. Am 26. April 2006 wurde er
in Begleitung von Mitarbeitern der Ausländerbehörde Köln der angolanischen
Botschaft vorgeführt, wo Angestellte ihm mitteilten, daß sie eine Ausstellung
der Reisedokumente für unwahrscheinlich hielten. Am
28. Juli 2006 war durch Beschluß des Amtsgerichts Heinsberg von der weiteren
Vollstreckung der Haft abgesehen und die Abschiebung für den 14. August 2006
angeordnet worden. Der
Eilantrag seines Rechtsanwaltes, in dem Sherry Alex auf seine Gefährdung für
Leib und Leben verwies, weil er weder ausreichende Geldmittel noch
erforderliche Sprach- und Landeskenntnisse oder verwandtschaftliche Unterstützung
habe, war vom Verwaltungsgericht Düsseldorf am 11. August 2006 abgelehnt
worden. Nach
seiner Abschiebung berichtete er seinen Eltern, daß
"Sicherheitskräfte" des Flughafens Luanda ihn ausgeraubt hätten. Ab
Februar 2007 traten bei ihm die ersten Krankheitssymptome auf. Mitte Mai
klagte er über Bewußtseinsstörungen, und als er am 28. Mai ins Krankenhaus
gebracht wurde, befand er sich bereits im Koma. Er stirbt fünf Tage vor
seinem 25. Geburtstag. Seine
Eltern und drei weitere Geschwister besitzen nach 17 Jahren in Deutschland
immer noch eine Duldung, weil ihr Einkommen für eine Aufenthaltserlaubnis
nicht ausreicht. FRat Düsseldorf 10. Juni 07 Cottbus in Brandenburg. Auf einem
Stadtteilfest in Sachsendorf werden zwei afrikanische Flüchtlinge aus einer
Gruppe von etwas 20 Rechtsextremen heraus angepöbelt, rassistisch beleidigt –
dann geschlagen und getreten. Sie
müssen ihre Verletzungen anschließend ambulant behandeln lassen. Die
Täter, die zunächst fliehen, können polizeilich ermittelt werden. FAKTuell 12.6.07; JWB
27.6.07; Opferperspektive 14. Juni 07 Bundesland Hessen. Der
Flüchtling Bobija Muzib erliegt in Frankfurt am Main seinen schweren
Krankheiten im Alter von 74 Jahren. Er war mit seiner Frau Hamida im Jahre
1993 aus Bosnien nach Deutschland geflohen. Obwohl
er jetzt schwer nierenkrank und auf die Dialyse angewiesen war, zudem einen
Schlaganfall erlitten hatte und seine Frau aufgrund eines Nervenleidens zu 50
Prozent schwerbehindert ist, hatte ihnen die Frankfurter Ausländerbehörde die
Abschiebung angedroht. Eine Unterstützerin konnte noch erreichen, daß die
Abschiebung und damit die Trennung von allen Kindern und Enkelkindern bis
Ende September ausgesetzt wurde. Doch nach eineinhalb Jahrzehnten
traumatisierender Aufenthaltsunsicherheit hatte Bobija Muzib keine
Lebenskraft mehr. jW 21.6.07; Hanauer
Helferkreis für Flüchtlinge und Asylbewerber 17. Juni 07 Cottbus in Brandenburg. Aus
einer Gruppe von acht bis zehn Männern heraus wird ein 19-jähriger irakischer
Flüchtling mit rassistischen Parolen angepöbelt und tätlich angegriffen. Er
bekommt einen Schlag ins Gesicht und einen Fußtritt in den Rücken. Auf einem
Foto kann er einen 20-Jährigen wiedererkennen, der sich an den Beleidigungen
beteiligte – nach den Schlägern fahndet die Polizei wegen gefährlicher
Körperverletzung. BM 18.6.07; BM
19.6.07; ND 19.6.07; MAZ 21.6.07; JWB 27.6.07; Opferperspektive 18. Juni 07 Abschiebegefängnis JVA Büren in Nordrhein-Westfalen.
Ein 31 Jahre alter Abschiebegefangener aus Serbien überwindet eine rund fünf
Meter hohe Mauer des Gefängnisses und flüchtet in den umliegenden Wald. Trotz
des Einsatzes eines Suchhundes und eines Polizeihubschraubers bleibt er
zunächst versteckt. Als
er am Abend von der Polizei gefunden wird, stellt sich heraus, daß er an
Armen und Beinen verletzt ist, so daß er zur medizinischen Behandlung
zunächst in ein Krankenhaus gebracht wird. Danach kommt er zurück in die
Justizvollzugsanstalt. Polizei Paderborn; ad-hoc-news.de 19.6.07 18. Juni 07 Offenbach im Bundesland Hessen.
Die 29-jährige Kroatin Frau Pekic wird in der Offenbacher Ausländerbehörde
festgenommen, damit ihre Abschiebung vollzogen werden kann. Anschließend muß
sie, begleitet von zwei uniformierten Polizisten, ihre 6-jährige Tochter
Elizabeta aus dem Kindergarten der evangelischen Paul-Gerhardt-Gemeinde
abholen. Danach werden die beiden per Flugzeug abgeschoben. Gegen
dieses behördliche Vorgehen protestieren die Gerhardt- und die
Lauterborngemeinde heftig und fordern die Behörden auf, "kirchliche
Räume nicht zu Orten von Zwangsabschiebungen zu machen". Kommentar
der Polizei dazu: "Zu keiner Zeit mußte von der Polizei Zwang angewandt
werden ... Die Polizei ist Teil unserer Gesellschaft; dazu gehören
selbstverständlich auch Uniformträger, mitsamt Schutzausrüstung und
Bewaffnung." Erst
vier Wochen später geben der Leiter der Ausländerbehörde und der
Polizeipräsident den Protesten der Kirchen nach und einigen sich in einer
schriftlichen Regelung darauf, daß es aus Offenbacher Kindergärten,
Kindertagesstätten oder Grundschulen keine Abschiebungen mehr geben wird. Polizei Offenbach 21.6.07; FR 22.7.07 19. Juni 07 Bundesland Nordrhein-Westfalen.
Als der kurdische Flüchtling Binali Soydan seine Duldungspapiere in der
Ausländer-behörde Köln-Kalk verlängern lassen will, wird er verhaftet und in
die JVA Köln-Ossendorf gebracht. Ein
Auslieferungsantrag der Türkei wegen "Mitgliedschaft in einer
terroristischen Vereinigung" liegt gegen den 35 Jahre alten Mann vor. Binali
Soydan entstammt einer kurdisch-alevitischen Arbeiterfamilie und war Zeit
seines Lebens ein politisch aktiver Mensch. Verfolgung und Verhaftungen durch
die türkische Polizei waren die Folge. Zuletzt war er 1998 schwer gefoltert
worden und drei Monate lang im Gefängnis inhaftiert. Als er von einem
Staatssicherheitsgericht im Jahre 2000 zu sechs Jahren und drei Monaten Haft
verurteilt wurde, floh er außer Landes. Sein
in der BRD gestellter Asylantrag wurde auf Grundlage des Antiterrorgesetzes
(Terrorismusvorbehalt) abgelehnt. Binali Soydan erhielt jedoch
Abschiebeschutz wegen drohender Folter. Als die Ausländerbehörde die Vorlage
eines türkischen Passes von ihm verlangte, beantragte er diesen beim
türkischen Konsulat. Obwohl dieses mündlich abgelehnt worden war, hatte die
Türkei durch ihre Botschaft den entscheidenden Hinweis auf seinen Verbleib
bekommen und konnte das Auslieferungsbegehren an die BRD stellen. Auch
im Exil war und ist Binali Soydan weiter politisch tätig. Er schrieb für die
türkische sozialistische Wochenzeitung "Kizil Bayrak" (Rote Fahne)
und gehört der "Plattform für die Einheit der Arbeiter und Freundschaft
der Völker" (BIR-KAR) an. Am
23. Juli beginnt Herr Soydan einen Hungerstreik. Erst auf Druck einer breiten
öffentlichen Solidaritätskampagne zur Freilassung des Flüchtlings schaltete
sich das Bundesjustizministerium ein und überprüfte die von der Türkei
eingereichten Unterlagen. Es wurde festgestellt, daß der Prozeß gegen Herrn
Soydan vor einem Staatssicherheitsgericht stattgefunden hatte und das Urteil
von einem Militärrichter gefällt worden war. Da derartige Szenarien derzeit
nicht den Vorstellungen der BRD von einem Rechtsstaat entsprechen, wurde das
Oberlandesgericht dazu veranlaßt, den Haftbefehl aufzuheben. Am
30. Juli – nach 40 Tagen Haft – wird Binali Soydan aus der Auslieferungshaft
entlassen. BIR-KAR; jW 30.6.07; Ulla Jelpke 26.7.07; Rote
Hilfe 16.11.07; Bericht des
Betroffenen 25. Juni 07 Tschechisch-deutsches Grenzgebiet
im Bundesland Sachsen. Ein Flüchtling aus der Türkei verletzt sich, als er
von einem fahrenden Güterzug auf der Strecke Schöna – Dresden in der Nähe der
Stadt Wehlen abspringt. Er muß ärztlich versorgt werden. BT DS 16/7806 27. Juni 07 Metelen in Nordrhein-Westfalen.
Die 23 Jahre alte Sefrdane Neziri, die seit 16 Jahren mit ihren Eltern und
Geschwistern im Kreis Steinfurt lebt, wird in einer Nacht- und Nebelaktion
aus der Wohnung geholt und zum Flughafen Düsseldorf gebracht. Dort bekommt
sie von Angehörigen der Ausländerbehörde 100 € Handgeld und etwas zu essen
für ihren zweieinhalb Jahre alten Sohn Adem. Dann erfolgt die Abschiebung
nach Belgrad. Nach
der Abschiebung kommt sie in einer Hütte unter, in der es weder Strom noch
Heizung gibt. Ihr Sohn erkrankt, aber sie kann nicht zum Arzt, weil sie sich
überhaupt nicht verständigen kann. Würde
ihre Familie in Deutschland nicht ab und zu Geld schicken, dann müßte ihr
Kind verhungern, sagt sie im August weinend am Telefon. Bürgerinnen und Bürger des Kreises Steinfurt für Humanität und Bleiberecht 18.8.07; Bürgerinnen und Bürger des Kreises Steinfurt für Humanität und Bleiberecht 8.10.07 27. Juni 07 Bundesland Hessen – JVA I
Frankfurt am Main – Abschiebehaft. Der Kurde Mustafa Alcali wird morgens nach
6.45 Uhr tot aufgefunden. Der 30-Jährige hat sich mit Hilfe eines zerrissenen
T-Shirts an einem Heizungsrohr erhängt. Eine halbe Stunde vorher hatte er
noch eine Kanne Tee entgegengenommen. Mustafa
Alcali kam als 14-Jähriger im Jahre 1992 mit seiner Mutter und seinen
Geschwistern in die BRD. Der Asyl- und ein Folgeantrag wurden abgelehnt. Zehn
Jahre später ging er in den Irak und schloß sich den PKK-KämpferInnen an. Bei
seinem Versuch, zurück in die BRD zu gelangen, wurde er im Iran festgenommen
und den türkischen Behörden übergeben. Er kam ins Gefängnis und erlebte hier
Dinge, die ihn schwer traumatisierten. Erst durch die Inanspruchnahme des
sogenannten Reuegesetzes wurde ihm ein Freispruch in Aussicht gestellt. Nach
der Haft mußte er Wehrdienst in der türkischen Armee leisten. Bei einem
Urlaub desertierte er und floh im Jahre 2004 zu seiner Familie nach
Deutschland. Mustafa
Alcali wurde zunächst geduldet, weil er keinen Paß vorlegen konnte. Eine
Heirat mit seiner Freundin scheiterte an fehlenden Papieren. Eine Petition
beim Hessischen Landtag wurde negativ entschieden. Mustafa Alcali wurde von
der Ausländerbehörde informiert, daß er, wenn er nicht innerhalb von vier
Wochen einer "freiwilligen" Ausreise zustimmen würde, zwangsweise
abgeschoben werde wird. Es fand eine persönliche Vorsprache beim türkischen
Konsulat statt, und die Ausstellung der Reisepapiere wurde zugesagt. Die
zentrale Ausländerbehörde Darmstadt legte die "Rückführung" von
Herrn Alcali für den 22. Mai fest, wo ohnehin eine Sammelabschiebung über den
Flughafen Düsseldorf geplant war. Am 16. Mai übergoß er sich auf offener
Straße mit Benzin, entflammte sein Feuerzeug und drohte, sich und andere zu
verbrennen. Zu diesem Zeitpunkt war ihm der geplante Abschiebetermin noch
nicht bekannt. In Handschellen wurde er in die geschlossene Abteilung der
Psychiatrischen Klinik Hanau eingeliefert. Ein Fluchtversuch bei einem
Ausgang mißlang ihm. Aufgrund
der Diagnose "schizophrene Psychose" legte das
Vormundschaftsgericht, das Amtsgericht Hanau, eine stationäre
Behandlungsdauer bis zum 15. Juni fest. Anfang Juni teilte das Krankenhaus
dem Anwalt von Mustafa Alcali mit, daß eine Abschiebung mit einem hohen
Risiko und einer akuten Verschlechterung der Erkrankung verbunden sein könne
und " .... auch das deutliche Risiko eines Suizids
heraufbeschwören" würde. Mit diesen Aussagen stellte der Anwalt am 13.
Juni einen Asylfolgeantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Am
15. Juni verhängte ein Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Hanau Abschiebehaft
gegen Mustafa Alcali. Dies geschah ohne jegliche Rückfragen bei den
behandelnden Ärzten der Hanauer Klinik – allerdings nach einem Telefonat mit
der Ausländerbehörde, die dem Richter versichert hatte, daß der Betroffene im
Justizkrankenhaus Kassel ausreichend ärztlich betreut und versorgt werden
könne. Mustafa
Alcali wurde prompt am nächsten Tag in die psychiatrische Abteilung des
Zentralkrankenhauses der JVA I nach Kassel verlegt. Der hier tätige Facharzt
für Psychiatrie, Dr. Heinrich Wilmer vom Medizinischen Competence-Center,
teilte dem Anwalt am 19. Juni mit, daß Herr Alcali keine Erkrankung habe und
somit "reise- und abschiebefähig" sei. Das Schreiben der Hanauer
Klinik vom 5. Juni bewertete er als "Gefälligkeitsschreiben". Die
Erkenntnisse des Facharztes beziehen sich auf ein nur einmal stattgefundenes
"diagnostisches Gespräch" mit Mustafa Alcali. Medizinisch
fragwürdig ist auch die Tatsache, daß der schwerkranke Patient selber gefragt
wurde, wie die Diagnose "schizophrene Psychose" zustande gekommen
sei. Es
wurde deutlich, daß der Facharzt die Kollegen aus dem Hanauer Krankenhaus
weder zu ihren wochenlangen Behandlungserfahrungen noch zur Medikamentierung
befragt hatte. Trotz
der ignoranten Einschätzung des Gefängnispsychiaters wird Mustafa Alcali in
Kassel in einer besonderen kameraüberwachten Zelle untergebracht: "Eine
Matratze in einem vollkommen leeren Raum, 24 Stunden Beleuchtung, ein Loch im
Boden als Abort. Der Häftling selbst lebt darin nackt, ohne jede
Kleidung", so Dr. Wilmer später. Am
21. Juni lehnte das Bundesamt den Asylfolgeantrag ab, und Mustafa Alcali
wurde am nächsten Tag in die JVA I Frankfurt transportiert. Hier wird die
Abgabe von Psychopharmaka an den Gefangenen aufgrund der in Kassel gestellten
"Diagnose" abrupt (!) unterbunden (Kunstfehler). Weil
die medizinischen Diagnosen sehr weit auseinander lagen, stellte der
Rechtsanwalt den Antrag auf die Erstellung eines Obergutachtens. Die
Ablehnung dieses Eilantrags wurde von der 3. Zivilkammer des Landgerichts
Hanau damit begründet, daß Herr Alcali "sich der Abschiebung entziehen
wolle. Seine für den 22. Mai vorgesehene Rückführung habe aufgrund des
Verhaltens von Herrn Alcali nicht durchgeführt werden können, weil dieser am
16. Mai 2007 damit gedroht hatte, sich und andere mit Übergießen durch Benzin
in Brand zu setzen." Am
26. Juni schickten die Ärzte des Klinikums Hanau einen ausführlichen
Arztbrief an das Zentralkrankenhaus der JVA Kassel, in dem sie ihre Diagnose
herleiteten und ausführlich begründeten. Auch erwähnten die Ärzte die
Vorgeschichte und die vorherigen stationären und teilstationären Aufenthalte
von Herrn Alcali in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Bürgerhospital Friedberg. "Lebend
kriegen sie mich nicht ausgewiesen", hatte Mustafa Alcali seinen
Freunden und Freundinnen mehrmals gesagt. Am 27. Juni setzt Mustafa Alcali
seinem Leben ein Ende. Es
wird vermutet, daß die von den Hanauer Ärzten für unabdingbar notwendig
gehaltene medikamentöse Behandlung des Kranken jedenfalls in den Tagen
unmittelbar vor seinem Tod in der JVA Frankfurt am Main nicht weitergeführt
wurde. Am
14. August 09 spricht das Amtsgericht Frankfurt am Main den inzwischen
82-jährigen Gefängnispsychiater Dr. Heinrich Wilmer vom Vorwurf der
fahrlässigen Tötung frei, weil dieser aufgrund von Personalmangel überfordert
gewesen sei und an der "Verkettung tragischer Umstände" keine
Schuld trage. Sowohl der Nebenkläger als auch die Staatsanwaltschaft kündigen
an, in Berufung zu gehen. Am
13. April 10 urteilt das Landgericht Frankfurt, daß der Arzt seine
Sorgfaltspflicht zwar massiv verletzt habe, aber nicht bewiesen werden könne,
daß dies die hundertprozentige Ursache für den Suizid von Mustafa Alcali sei.
Auf Revision der Staatsanwaltschaft hebt das Oberlandesgericht (OLG) dieses
Urteil wieder auf. Die "Prüfung des
Pflichtwidrigkeitszusammenhangs", so das OLG, sei in dem Urteil des
Amtsgerichts nicht ausreichend gewürdigt. Im
Juni 2013 starten Staatsanwaltschaft und Nebenkläger einen dritten Versuch,
eine Verurteilung des Psychiaters wegen fahrlässiger Tötung zu erreichen. Am
3. Juli 13, sechs Jahre nach dem Tod von Mustafa Alcali, stellt das
Landgericht Frankfurt das Verfahren gegen den Psychiater ohne weitere Auflagen
ein. Das Gericht stellt auch die Frage, warum es in der Kasseler Haftanstalt
keinen festen Gefängnispsychiater gab und stattdessen der damals 79 Jahre
alte Psychiater auf Honorarbasis eingesetzt worden sei. Zudem gebe es keine
Wiederholungsgefahr, weil der jetzt 85 Jahre alte Mann mittlerweile nicht
mehr arbeiten würde. Pro Asyl; Internationales Zentrum Friedberg; Landgericht Hanau 25.6.07; FNP 3.7.07; FR 11.7.07; FAZ 20.7.07; ddp 22.7.09; ddp 23.7.09; Pro Asyl
24.7.09; jW 27.6.09; jW 24.7.09; BT DS 16/9142; taz 13.8.09; ddp 13.8.09; ddp 14.8.09; Pro Asyl 17.8.09; jW 19.8.09; Pro Asyl 12.4.10; Pro Asyl 13.4.10; FR 27.6.13; FR 3.7.13 Juni 07 Flughafen Frankfurt am Main. Die
58 Jahre alte Frau K. aus München soll in den Iran abgeschoben werden. Sie
spricht kein Deutsch, und eine Verständigung ist nur mit der
Abschiebebeobachterin möglich. Frau K. leidet an Diabetes mellitus und hat
seit dem Morgen nach ihrer Insulin-Injektion nicht mehr gegessen. Sie hat
Kopfschmerzen und fühlt sich unwohl. Im
Gespräch stellt sich heraus, daß Frau K. völlig mittellos ist und nur noch
eine Dosis Insulin bei sich hat. Zudem kommt sie aus dem Südiran, der von
Teheran aus nur mit einer 15-stündigen Busfahrt erreichbar wäre.
Familienangehörige hat sie im Iran nicht mehr. Sowohl
der Dienstgruppenleiter als auch der Arzt
erklären vor Ort, daß die Beschaffung von Insulin jetzt nicht möglich sei,
und raten der Frau, doch in Teheran zum Arzt zu gehen. Der Einwand, daß dort
medizinische Behandlung nur bei Vorauszahlung getätigt wird und Frau K.
ohnehin kein Geld habe, bleibt bei der Bundespolizei, dem Arzt und dem
Sanitäter ohne Reaktion, und Frau K. wird ohne Insulin abgeschoben. Abschiebungsbeobachtung FFM 2008 Sommer 07 Bundesland Bayern. Als die
Ausländerbehörde Nürnberg die zwangsweise Abschiebung von Herrn G. androht,
löst dieses eine massive Retraumatisierung aus. Herr G. kommt in die
Psychiatrie, wo ein Posttraumatisches Belastungssyndrom diagnostiziert wird.
Er leidet unter Panikattacken, Angst- und Schlafstörungen und ist nicht mehr
in der Lage, eine Arbeit aufzunehmen. Er ist fortan in ständiger
psychiatrischer Behandlung. Der
ehemalige Bauingenieur war im Jahre 1999 aus dem Irak in die BRD geflohen,
weil er im irakischen Gefängnis schwere Mißhandlungen erlitten hatte. Er war
in Bayern als Asylberechtigter anerkannt worden. Im Jahre 2004 war die
Asylanerkennung im Rahmen eines Widerrufverfahrens negativ entschieden
worden. Alternativer Menschenrechtsbericht 2007 3. Juli 07 Bundesland Brandenburg. Auf der
Autobahn A9 zwischen den Anschlußstellen Beelitz und Brück werden von der
Autobahnpolizei sechs vietnamesische Flüchtlinge aufgegriffen. Da sie Asyl
begehren, werden drei Männer und eine Frau zur Zentralen Ausländerbehörde
Eisenhüttenstadt gebracht, eine 13-Jährige wird dem Jugendamt anvertraut und
eine hochschwangere Frau kommt direkt ins Krankenhaus, in dem sie stationär
aufgenommen wird. Polizei Potsdam 4.7.07; MAZ 4.7.07 4. Juli 07 Bundesland Baden-Württemberg. In
der Flüchtlingsunterkunft in Karlsruhe-Oststadt entsteht im 2. Männerhaus
gegen 22.00 Uhr ein Feuer. Der Brand geht von der oberen Matratze eines
Stockbettes auf die untere über und die starke Rauchentwicklung zieht sowohl
das Zimmer als auch den angrenzenden Flur in Mitleidenschaft. Ca.
40 Feuerwehrleuten gelingt es schnell, das Feuer zu löschen. Personen kommen
nicht zu Schaden. Die Kriminalpolizei nimmt die Ermittlungen zur Brandursache
auf. ka-city.de 5.7.07 5. Juli 07 Nordrhein-Westfalen. Die Ausländerbehörde
der Stadt Lippstadt will Amina El Fatmi abschieben, ohne die Empfehlung der
Härtefallkommission abzuwarten. Amina
El Fatmi wurde 1969 in Marokko geboren und leidet unter einem offenen Rücken
und Folgen einer Kinderlähmung. Ihre Erkrankung führte auch wegen fehlender
Behandlungsmöglichkeiten zu einer gravierenden körperlichen Behinderung. Frau
El Fatmi ist dadurch vollständig auf die Hilfe eines Rollstuhles angewiesen.
Eine medizinisch notwendige Versorgung ist in Marokko nicht gegeben, so die
Aussage ihrer Anwältin. Erschwerend
kommt hinzu, daß Frau El Fatmi als Säugling von einem älteren, kinderlosen
Ehepaar adoptiert worden war, welches inzwischen verstorben ist. Sie wäre in
Marokko als alleinstehende und behinderte Frau ohne jegliche Unterstützung. Frau
El Fatmi ist vor viereinhalb Jahren eingereist; ihr Asylantrag wurde
abgelehnt. Seitdem erhält sie kurzfristige Duldungen in Zeitintervallen von
vier, drei oder auch nur einer Woche. Ein
UnterstützerInnenkreis verhindert die schnelle Abschiebung und fordert, daß
Amina El Fatmi in der BRD ein Bleiberecht aus humanitären Gründen erhält.
Frau El Fatmi, der in Marokko durch die Körperbehinderung ein Schulbesuch
nicht ermöglicht worden war, nimmt in Lippstadt erfolgreich an
Alphabetisierungskursen teil und hat beim Verein Lebenshilfe einen
Arbeitsplatz in Aussicht. Als
sowohl die Härtefallkommission der Landesregierung als auch der
Petitionsausschuß beim Landesparlament sich nicht zu ihren Gunsten
entscheiden, werden das Bundesamt und das Ministerium für Soziales, Jugend
und Familie in Düsseldorf angerufen. Anfang des Jahres 2008 stehen deren
Antworten noch aus. Der Patriot 6.7.07; AWO Flüchtlingsberatung Lippstadt; Bündnis90/Die Grünen OV Lippstadt; Unterstützernetzwerk 20. Juli 07 Berlin. Der Flüchtling H. K.
wird auf der Ausländerbehörde festgenommen, als er eine Duldung beantragen
will. Er kommt in Abschiebehaft, aus der heraus Ende Oktober die Abschiebung
in den Kosovo erfolgt. Damit ist er von seiner Frau und seinen vier kleinen
Kindern getrennt. Da
er und seine Frau keine Pässe besitzen und auch nur nach muslimischem Ritual
heiraten konnten, wurde die Vaterschaft von Herrn K. von den Behörden nie
anerkannt – und die Ausländerbehörde konnte ihn jetzt als "Ledigen"
abschieben. Seiner
Frau H. K. geht es seit der Abschiebung ihres Mannes zunehmend schlechter.
Die 38-Jährige leidet unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung mit der
Folge einer Persönlichkeitsstörung, unerträglichen Kopfschmerzen, Schlafstörungen
sowie Albträumen und ist mit der Betreuung der 3-, 5-, 6- und 8-jährigen
Kinder völlig überfordert. Eine
Wiedereinreise des Vaters wäre im Rahmen der Familienzusammenführung möglich.
Dafür fehlt einerseits die behördliche Anerkennung der Vaterschaft und
andererseits der Paß der Mutter. Sollte es dem Paar nach den vielen
vergeblichen Versuchen wider Erwarten gelingen, diese Papiere zu bekommen,
dann stände ihnen noch ein weiteres Problem gegenüber: die Bezahlung der
"Abschiebungs- und Gewahrsamskosten" in einer Höhe von ca. 9000
Euro. FFM – Eva Weber 21. Juli 07 Bundesland Nordrhein-Westfalen.
In der JVA Büren versucht der Abschiebegefangene V. M. sich zu töten. BT DS 16/9142 26. Juli 07 Nach 14 Jahren
Deutschland-Aufenthalt wird der abgelehnte Asylbewerber Yabré Omumarou in
Polizeibegleitung nach Burkina Faso abgeschoben. Er ist während des gesamten
Fluges an Händen und Füßen gefesselt. Die
letzten 12 Monate saß er in Abschiebehaft in der JVA Nürnberg und zuletzt in
Hannover-Langenhagen. Abschiebeversuche am 26. Februar und 4. April waren
unter anderem auch an seinem Widerstand gescheitert. Yabré
Omumarou wird durch die Abschiebung von seiner 11-jährigen Tochter getrennt.
Die Ehe, die er mit einer Deutschen 1996 eingegangen war, wurde 1999
geschieden. Seither hatte die Ausländerbehörde Lingen die Verlängerung seiner
Aufenthaltserlaubnis verweigert. The VOICE 15.4.07; The VOICE 4.4.07; The VOICE 19.1.07 29. Juli 07 Zwönitz bei Stollberg in
Sachsen. Morgens um 2.00 Uhr werden zwei libanesische Flüchtlinge von sechs
deutschen Männern rassistisch beleidigt und tätlich angegriffen. Die 22 und
25 Jahre alten Männer erleiden bei dem Überfall zahlreiche Prellungen und
müssen ambulant behandelt werden. ddp 29.7.07; e 110 29.7.07; AMAL Sachsen Juli 07 Flughafen Frankfurt am Main. Ein
50 Jahre alter albanischer Abschiebegefangener aus Nordrhein-Westfalen soll
nach 17 Jahren Deutschland-Aufenthalt abgeschoben werden. Eine
Flugtauglichkeitsbescheinigung belegt, daß er das Medikament Zyprexa
einnimmt, das zur Behandlung schizophrener Psychosen eingesetzt wird. Weder
die Ärztin in der JVA, noch die Ausländerbehörde sahen darin ein Problem für
eine zwangsweise Abschiebung. Erst der Arzt vor Ort weist darauf hin, daß der
Albaner aufgrund seiner Krankheit dekompensieren könnte. Auf
Nachfrage der Bundespolizei wird der Mann jetzt in ärztlicher Begleitung
abgeschoben. Abschiebungsbeobachtung FFM 2008 Juli 07 Bundesland Hessen. Bei seiner
Einreise wird der kurdische Flüchtling X. Y. festgenommen und aufgrund eines
Auslieferungsbegehrens der Türkei in Haft genommen. Dort stellt er einen
Asylantrag. Wegen
Unterstützung der PKK war er in der Türkei acht Jahre lang in einem
Militärgefängnis inhaftiert – wurde dort schwer mißhandelt und gefoltert. Obwohl
das Verwaltungsgericht Darmstadt drohende Folter als abschiebungshindernden
Grund anerkennt, stimmt das Oberverwaltungsgericht der Auslieferung zu. Eine
gegen diese Entscheidung gerichtete Verfassungsbeschwerde wird nicht
zugelassen. Im
Februar 2008 befindet sich der Flüchtling immer noch in Haft. Im Falle seiner
Auslieferung drohen ihm Folter und langjährige Haft. Ulla Jelpke 17.7.07; ND 19.3.08; Antirassistische Initiative Berlin 1. August 07 Bundesland Nordrhein-Westfalen.
In der Flüchtlingsunterkunft an der Vereinsstraße in Mülheim-Eppinghofen will
sich eine 22 Jahre alte Iranerin aus dem Fenster des dritten Obergeschosses
stürzen. Hintergrund ist die drohende Festnahme und Abschiebung gemäß dem Dublin-II-Abkommen nach Frankreich. Ein
Dolmetscher kann die Frau von ihrem Vorhaben abbringen. Da sie sehr erregt
ist, wird sie ins Marienhospital Mülheim gebracht. Anschließend erfolgt ihre
Einweisung in die Psychiatrie. Im September dauert ihre stationäre Behandlung
noch an. Polizei Essen/Mülheim a.d.R. 2.8.07; Ausländerbehörde Mülheim a.d.R. 12. August 07 Abschiebegefängnis
Berlin-Köpenick. Der 45 Jahre alte Ukrainer V. O. seilt sich am noch
nächtlichen Morgen mit Bettlakenstreifen aus dem 5. Obergeschoß ab. Auf Höhe
der ersten Etage verliert er den Halt und stürzt 6 bis 8 Meter in den
Innenhof des Gefängnisses. Verletzt
kommt er ins Unfallkrankenhaus Berlin-Marzahn. Während ein Lendenwirbelbruch
umgehend operativ fixiert wird, werden die Fersenbrüche (beidseitig)
konservativ behandelt. Das heißt, beide Beine werden bis zum Oberschenkel
eingegipst. V. O. kann nicht laufen und muß mit dem Rollstuhl transportiert
werden. In
diesem Zustand wird er am 16. August, drei (!) Tage nach der Wirbelsäulen-Operation,
aus dem Krankenhaus Berlin entlassen. Eine Begründung für die sehr frühe
Entlassung ist die Aussage der verantwortlichen Mediziner, daß die
ausstehenden Fersenoperationen nicht der Eilbedürftigkeit unterlägen. Da das
Krankenhaus der JVA-Moabit die Aufnahme verweigert, weil er nicht
"ausoperiert" sei, und er auch im Abschiebegefängnis als Pflegefall
nicht betreut werden kann, kommt er in einem Obdachlosenheim unter. Im
Januar 2008 hat sich die gesundheitliche Situation von V. O. wenig verändert.
Laufen kann er nicht; er kann sich nur auf allen Vieren und mit großen
Schmerzen ohne Rollstuhl bewegen. Die
ukrainische Botschaft hat die Berliner Ausländerbehörde um eine
Aufenthaltserlaubnis für Herrn O. für zwei Jahre gebeten, was die deutsche
Behörde mit der Ausstellung einer Duldung für zwei Monate und mit einer
Ausweisung wegen illegalen Aufenthalts beantwortet. Als
Herr O. bereits im Herbst vor fünf Jahren in Köpenick einsaß, hatte er sich
eine massive Verletzung selber zugefügt, war ins Krankenhaus gekommen und
wurde dort notoperiert. Aus dem Krankenhaus war ihm damals die Flucht
gelungen. (siehe auch: 22. November 02) Thomas Krautzig – Rechtsanwalt; Polizei Berlin 12.8.07; ad-hoc-news.de 12.8.07; az
12.8.07; BM 13.8.07 13. August 07 Metelen im Kreis Steinfurt in
Nordrhein-Westfalen. Nachts um 2 Uhr erscheinen Angehörige der
Ausländerbehörde, der Polizei und ein Arzt in der Wohnung des 63 Jahre alten
Ehepaares Kumrija und Amruš Aljiti. Die Flüchtlinge aus Bosnien sollen
abgeschoben werden. Die Beamten nehmen Frau Aljiti ihr Handy weg, so daß sie
ihre auch im Ort wohnenden Kinder nicht benachrichtigen kann. Herr Aljiti ist
schwerst krank, er sitzt im Rollstuhl und wird mit einem Krankenwagen
abtransportiert. Erst am Flughafen Frankfurt wird Frau Aljiti erlaubt zu
telefonieren. Sie informiert ihre erwachsenen Kinder, die allerdings der
Situation auch hilflos gegenüberstehen. Um 10.15 Uhr startet das Flugzeug
nach Bosnien-Herzegowina. Am
Flughafen Sarajewo werden die beiden dann sich selbst überlassen. Ihr
ältester Sohn, der in Mostar lebt, holt sie ab und nimmt sie in seiner
Wohnung auf. Die Lebensverhältnisse in der Zwei-Zimmer-Wohnung des Sohnes,
der hier mit seiner Frau und acht Kindern wohnt, werden durch die Aufnahme
der Mutter und des Vaters, der im Rollstuhl sitzt, extrem schwierig. Am
9. September – vier Wochen nach der Abschiebung – stirbt Amruš Aljiti,
nachdem er drei Tage lang keine Insulin-Injektionen mehr bekommen konnte. Im
Alter von 40 Jahren war er an Diabetes mellitus erkrankt und die daraus
folgenden Organkrankheiten des Herz-Kreislauf-Systems, der Nieren, der Nerven
und der Augen hatten ihn seit langem zu einem Pflegefall gemacht. Er befand
sich in Metelen in intensiver medizinischer Behandlung. Ein Pflegedienst
betreute ihn drei- bis viermal täglich. Mehrmals im Monat mußte er als
Notfall in ein Krankenhaus gebracht werden, weil es den medizinischen
Pflegekräften und Ärzten nicht gelang, den stark schwankenden Insulin-Bedarf
einzustellen. Entgegen
der warnenden Aussagen seiner behandelnden Ärzte wurde eine Reisefähigkeit
des schwer kranken Mannes vom Amtsarzt attestiert. Auf
die nach dem Tode des Abgeschobenen laut werdende Kritik an der Abschiebung
eines schwerkranken Mannes reagiert der Ordnungsamtsdezernent Dr. Sommer mit
den Worten: "Wir haben getan, was wir tun mußten." Und obwohl er beteuert, daß eine Behandlung
der Zuckerkrankheit in Sarajewo "sichergestellt" gewesen sei,
belegt er mit der Äußerung, daß Mitarbeiter der Ausländerbehörde noch am
Flughafen einen Dreimonats-Vorrat an Insulin gekauft hätten, genau das
Gegenteil. Tatsächlich
haben die Beamten bei der Abschiebung keines der lebenswichtigen Medikamente
mitgenommen. Auch ein Medikamenten-Plan mit Dosierungshöhen und – zeiten oder einen Bericht über den Zustand von Herrn
Aljiti mit fortschreitendem Multiorganversagen wurde nicht mitgegeben oder
mitgenommen. Es
war tatsächlich so, daß der Arzt in Mostar, an den sich die Aljitis wandten,
bei einem Sohn in Metelen anrufen ließ und dieser vom Pflegedienst erfragen
mußte, welche Medikamente in welcher Dosierung und zu welchen Zeiten Herr
Aljiti bekommen sollte. Diese in der BRD eingesetzten Medikamente mußte dann
der Sohn in Mostar für viel Geld kaufen – vor allem das speziell bei Herrn
Aljiti erprobte Insulin-Präparat bekam er dort überhaupt nicht. Die
Eheleute Aljiti hatten seit 1991 mit einigen Unterbrechungen im Kreis
Steinfurt gelebt. Weil sie 1998 "freiwillig" nach Bosnien
zurückgegangen waren, dann aber seit 2003 wieder in der BRD lebten, erfüllten
sie nicht die für ein Bleiberecht notwendige ununterbrochene
Aufenthaltsdauer. Frau
Aljiti, die aufgrund der jahrelangen Angst vor einer gewaltsamen Rückführung
psychisch krank wurde und auch in der BRD seit längerem in
psycho-therapeutischer Behandlung war, bricht nach dem Tod ihres Mannes
zusammen und befindet sich auch im Januar 2008 noch in einem Krankenhaus in
Mostar. Ihre fünf erwachsenen Kinder, deren Eheleute und ihre 19 Enkelkinder,
die in der BRD mit sicherem Aufenthalt leben, hoffen, daß es eine Möglichkeit
geben wird, sie nach Metelen zurückzuholen. Bürgerinnen und Bürger des Kreises Streinfurt für Humanität und Bleiberecht 18.8.07; Bürgerinnen und Bürger des Kreises Streinfurt für Humanität und Bleiberecht 8.10.07; MüZ 9.10.07; WN 8.10.07; MüZ 21.10.07; WN 23.10.07; MüZ 24.10.07; WN 26.10.07; MüZ 27.10.07; Tagblatt für den Kreis Steinfurt 27.10.07; MüZ 27.10.07; LT NRW APr 14/539; Bericht des Sohnes Enton Aljiti; LT NRW Vorlage 14/1582 14. August 07 Bundesland Hessen. In einem
Internetcafé in Frankfurt-Bokkenheim wird ein 23 Jahre alter Flüchtling aus
Marokko bei einer Polizeikontrolle wegen des Verdachtes des "illegalen
Aufenthaltes" festgenommen. Bei dem anschließenden Verhör in der
Polizeiwache Gutleutstraße springt der bis dahin sehr ruhige Mann von seinem
Stuhl auf, läuft zum geöffneten Fenster und stürzt sich hinaus. Er
überlebt den Sturz aus dem dritten Obergeschoß wahrscheinlich nur, weil sein
Körper in einem Buschwerk vor dem Haus landet. Er ist schwer verletzt und
kommt umgehend ins Klinikum Frankfurt, wo er einer Notoperation unterzogen
wird. Seine Lunge und Leber sind geschädigt und ein Nakkenwirbel ist
angebrochen. Nach der Operation bleibt er auf der Intensiv-Station im
künstlichen Koma. Der
Marokkaner hatte nach Ablehnung seines Asylantrages lange Zeit mit einer
Duldung gelebt. Die
Polizei geht bei ihm von einem Fluchtversuch aus und erwähnt, daß sich vor 10
Jahren schon einmal ein Festgenommener aus dem Fenster stürzte, um der
Abschiebung zu entgehen. Polizei Frankfurt 16.8.07; jW 29.8.07 16. August 07 Kirchen im Bundesland
Rheinland-Pfalz. Familie Ajeti aus der Brunnenstraße wird morgens um 6.00 Uhr
von Beamten der Ausländerbehörde und der Polizei abgeholt, um sie in den
Kosovo abzuschieben. Noch in der Wohnung erleidet die 35 Jahre alte Mutter
der vier minderjährigen Kinder einen Zusammenbruch. Der 13-jährigen Tochter
und dem 14 Jahre alten Sohn werden Handschellen angelegt. "Zum eigenen
Schutz", wie es von den Beamten heißt. Einen
erneuten Zusammenbruch erleidet Ibadete Ajeti in Düsseldorf, woraufhin sie
zunächst in ein Krankenhaus gebracht wird. Hier wird sie durch Medikamente
ruhig gestellt und für "reisefähig" erklärt. In einem Rettungswagen
wird sie liegend zum Flughafen gebracht. Als Frau Ajeti einen epileptischen
Anfall bekommt, entscheidet die Flughafenärztin – im Gegensatz zu ihren
Klinik-KollegInnen – daß Frau Ajeti nicht flugreisefähig ist. Die Abschiebung
wird abgebrochen. Sie kommt ins Düsseldorfer Marienhospital und wird wegen
akuter Suizidalität stationär aufgenommen. Die Ausländerbehörde kommentiert
diese Tatsache als "bewußt herbeigeführten Schwächeanfall der Mutter am
Düsseldorfer Flughafen". Der Ausländerbehörde ist seit langem bekannt,
daß Frau Ajeti seit 1998 ambulant in fachärztlicher Behandlung und wiederholt
auch für längere Zeit wegen psychischer Erkrankungen in stationärer
Behandlung gewesen ist. Die
Abschiebung der beiden ältesten Söhne Lawdim und Ladvdrim wird nicht
gestoppt, obwohl ihre Hosen nach Auskunft des Anwalts blutverschmiert sind.
Sie sind am Vortag nach muslimischem Ritus beschnitten worden, und die Wunden
bluten. Der Flughafenarzt schreibt in den
"Confidential Medical Certificate of Fitness for Air Travel"
lediglich "VW (Verbandwechsel, ARI) und Sitzbäder". Die
Interventionen des Rechtsanwaltes der Familie scheitern an der Entscheidung
des Koblenzer Gerichts, das festlegt, daß der 37 Jahre alte Vater mit den
acht und 14 Jahre alten Söhnen und der 13-jährigen Tochter abgeschoben wird,
die Mutter allerdings und ihr acht Monate altes Baby zunächst und kurzfristig
noch in Düsseldorf bleiben sollen. Der kleine Elvin wird in einer
Pflegefamilie untergebracht. Als
es Frau Ajeti gelingt, aus der Klinik zu flüchten, wird Haftbefehl gegen sie
erlassen. Der Haftbefehl wird später zurückgenommen, und sie kommt in die
geschlossene Abteilung der Psychiatrie der Rheinischen Kliniken Düsseldorf. Den
Kindern geht es nach der Abschiebung sehr schlecht. Sie leiden sehr unter der
Trennung der Familie – sie wollen nicht essen und auch nicht in die Schule
gehen. Sie sind alle in Deutschland geboren und sprechen kein Albanisch. Die
Tochter ist mehrmals in Ohnmacht gefallen. Der Vater hat sich ein Zelt
besorgt und wird es als Unterkunft nutzen. Mit
Bescheid vom 28. März 08 stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
in Trier für Ibadete Ajeti Abschiebungsverbot fest und hebt die
Abschiebeandrohung auf. Aufgrund
der Klage des Rechtsanwaltes beim Verwaltungsgericht Berlin wird die Deutsche
Botschaft im Kosovo aufgefordert, die Lebensverhältnisse der drei
abgeschobenen kleinen Kinder zu überprüfen. Nach diesem Gespräch mit den
Kindern in Prishtina am 5. Mai 10 wird umgehend ein Härtefall erkannt. Als
das Auswärtige Amt dann den Vergleichsvorschlag unterbreitet: Klagerücknahme
gegen sofortige Visa für die Kinder, wird der Vorschlag angenommen. Nach drei Jahren erzwungener Abwesenheit
können die Kinder ihre Mutter wieder in die Arme schließen. Am 26. Mai 10
erteilt die Kreisverwaltung die zugesagten Aufenthaltserlaubnisse. RZ 30.8.07; RZ 31.8.07; RZ 1.9.07; RZ 4.9.07; FRat Bayern September 2007; FRat NRW 21.11.07; Jens Dieckmann – Rechtsanwalt 28.3.08; Jens Dieckmann – Rechtsanwalt 26.5.10 16. August 07 Landkreis Aue-Schwarzenberg im
Bundesland Sachsen. In Schwarzenberg werden abends gegen 19.30 Uhr zwei
12-jährige Mädchen auf der Straße von einem 19-jährigen Deutschen mehrmals beleidigt
und dann auch geschlagen. Er beschimpft die aus dem Kosovo und dem Irak
stammenden Jugendlichen auch als "Kanaken". Als der Bruder und die
Mutter des irakischen Mädchens einzugreifen versuchen, werden auch sie
angegriffen und verletzt. Der
Täter zieht sich zurück und kommt kurz danach mit mehreren Kumpanen zurück,
die u.a. mit Baseballschlägern bewaffnet sind. Bei dieser Bedrohung bleibt
es, denn die Rassisten ziehen sich plötzlich zurück. Die
betroffenen Flüchtlinge erstatten Anzeige. AMAL Wurzen 19. August 07 Bundesland Bayern. In einem
Zimmer im ersten Stock einer Münchener Flüchtlingsunterkunft richtet ein
Brand am Abend einen hohen Sachschaden an. Die Bewohnerin hatte das Zimmer
bereits nachmittags verlassen. Zahlreiche
BewohnerInnen der Unterkunft können unverletzt das Haus verlassen – viele
müssen in andere Unterkünfte umziehen. ad-hoc-news.de
20.8.07 21. August 07 Bundesland Bayern. Der 41 Jahre
alte Ali H. wird nach neun Tagen Abschiebehaft in den Iran abgeschoben. Dort
erfolgt direkt am Flughafen seine Festnahme durch Zivilbeamte. Die Verhöre,
in denen es um seine politischen Aktivitäten im Iran und im Exil und um die
Nennung von Namen seiner Kontaktpersonen geht, verlaufen unter Bedrohungen,
gezielten Schlägen auf den Hinterkopf und Drücken seines Gesichtes unter
Wasser - danach kommt er in das Gefängnis Evin. Nach
sechseinhalb Monaten gelingt ihm spektakulär die Flucht aus der Haft: Ein
durch Fluchthelfer fingierter Autounfall stoppt den Gefangenentransporter,
der Ali H. zum Gericht bringen soll. Dadurch gelingt es, den Gefangenen zu
befreien und in einem bereitgestellten Wagen wegzufahren. Ali
H. flüchtet zum zweiten Mal außer Landes und erreicht nach einer Schiffsreise
vom Iran nach Bahrain schließlich per Flug Frankfurt am Main am 4. März 08.
Im Rahmen des Flughafenverfahrens wird sein Asylbegehren erneut geprüft. Das
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) lehnt den Asylantrag – und
somit die Einreise aus dem Transitbereich des Flughafens in die BRD – am 10.
März ab. Nach Einspruch gegen den Entscheid erteilt ein Richter die
Einreiseerlaubnis. Umgehend – 38 Minuten später – erhält der Richter per Fax
einen Widerspruch des Sachbearbeiters der Ausländerbehörde Erlangen, Herrn M.
Die
erneute richterliche Entscheidung fällt für Ali H. jetzt negativ aus, und
erst der Beschluß des Vorsitzenden Richters des Verwaltungsgerichtes
Frankfurt gewährt ihm die Einreise in die BRD. Eine weitere Beschwerde des
Herrn M. aus Erlangen bleibt ohne Wirkung. Herr
M. ist der langjährige Sachbearbeiter von Ali H. und aufgrund seines
beruflichen Ehrgeizes von vielen anderen Flüchtlingen aus dem Landkreis
gefürchtet. Als
Ali H. im August 2007 bei der Ausländerbehörde Erlangen um eine
Reiseerlaubnis bat, um beim zuständigen Bundesamt einen Asylfolgeantrag
stellen zu können, erklärte ihm der Mitarbeiter Herr M., daß er am kommenden
Montag wiederkommen solle, dann würde das Papier fertig sein. Doch in der
Nacht zum Montag wurde Ali H. um 2.12 Uhr von Herrn M. und zehn Polizisten in
seiner Unterkunft aufgesucht, aus dem Schlaf geholt, in Handschellen gelegt
und in Abschiebehaft genommen. Die Zeit, sich wenigstens anzuziehen, wurde
ihm nicht gewährt – er wurde in Unterhosen abgeführt und in den Iran
abgeschoben. Nach
der Wiedereinreise im März 2008 muß Ali H. sich in der Ausländerbehörde
Erlangen melden. Hier verweist ihn Herr M. nach Chemnitz, von wo er
zurückgeschickt wird, weil seine Akten sich in Erlangen befinden. Auf
Anweisung der Ausländerbehörde Erlangen muß er sich dann ein zweites Mal nach
Chemnitz begeben, wo er schließlich bis zur Asylentscheidung in einem
Flüchtlingsheim lebt. Am 14. November 08 wird er als politischer Flüchtling
anerkannt und erhält damit eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis. Dies
geschieht 13 Jahre nach seiner ersten Asylantragstellung. Am
29. November 11 findet eine Pressekonferenz von Flüchtlingsorganisationen
statt, auf der unter anderem auch Herr Ali H. seine Geschichte öffentlich
darstellt. Im Zentrum der Kritik dieser Veranstaltung stehen die
grenzwertigen Entscheidungen des Herrn M., wofür dieser öffentlich kritisiert
wird. Der Beamte der Erlanger Ausländerbehörde wehrt sich mit einer
Unterlassungserklärung und schließlich mit einer Unterlassungsklage gegen den
Bayerischen Flüchtlingsrat als einen der Veranstalter der Pressekonferenz. (siehe auch: 9. Dezember 10 und
12. Juli 11) Mit
Schreiben vom 10. Januar 12 wird Ali H. von der Erlanger Ausländerbehörde
aufgefordert, die Kosten für seine – rechtswidrige – Abschiebung aus dem Jahre
2007 in Höhe von 5.157,50 Euro zu bezahlen. Am
25. Januar 12 endet der juristische Weg des Beamten Herrn M., sich gegen die
Veröffentlichungen seiner Machenschaften zu wehren. (siehe hierzu auch 12.
Juli 11) Gemeinsame Presseerklärung am 29.11.11: FRat Bayern, ai-Ortsgruppe Erlangen, Ausländerbeirat Erlangen, Internationales Frauencafé Nürnberg, Flüchtlingsunterstützung Erlangen, Ehrenamtliche Flüchtlingsbetreuung Erlangen; Radio Z 29.11.11; SZ 30.11.11; FRat Bayern 24.1.12; Heft der Flüchtlingsräte 2012; Bericht des
Betroffenen 23. August 07 Bundesland Hessen. Ein
Wohncontainer für Asylbewerber am Sportplatz der hessischen Stadt Groß-Gerau
brennt völlig nieder. Alle fünf Bewohner kommen unverletzt davon. Als
Brandursache wird ein Herd festgestellt, der nicht ausgestellt worden war. echo-online.de
23.8.07; Bürgermeisteramt Groß-Gerau 25. August 07 Bundesland Sachsen-Anhalt. Um
1.30 Uhr wird ein an der Straßenbahn-Haltestelle Klosterwuhne wartender
36-jähriger Iraker von einem rechtsradikalen Mann zunächst rassistisch
beleidigt und dann brutal angegriffen. Als es dem Flüchtling gelingt, die
ersten Schläge abzuwehren, verschwindet der Angreifer, kommt aber nach kurzer
Zeit mit einem großen Hund zurück – er hat jetzt eine Holzfackel in der Hand.
Er hetzt den Hund auf den Iraker, der den Fliehenden niederwirft und sich in
den am Boden Liegenden verbeißt. Der Hundebesitzer schlägt zudem mit der
Holzfackel auf ihn ein. Erst
als nach 15 Minuten eine Frau aus dem nahegelegenen Kiosk herauskommt, die
Situation erkennt und laut zu schreien beginnt, läßt der Angreifer von dem
Iraker ab und flieht. Mit
Verletzungen und Platzwunden am Hinterkopf, am Nacken, am Oberschenkel, am
Rücken und an den Oberarmen kommt er ins Olvenstedter Krankenhaus. Knapp
zwei Wochen später wird der Täter nach einem Raubüberfall festgenommen. Der
24-Jährige ist der Polizei seit Jahren wegen Volksverhetzung, dem Tragen
verfassungsfeindlicher Symbole und Körperverletzungen bekannt und mehrmals
vorbestraft. Er kommt in Untersuchungshaft. Im
Februar 2008 verurteilt das Landgericht Magdeburg den Täter in zweiter
Instanz wegen schwerer Körperverletzung zu einer Haftstrafe von zwei Jahren
und drei Monaten. ap 26.8.07; BK 27.8.07; spiegel.de 27.8.07 ap 4.9.07; VM 5.9.07; Mobile Beratung für Opfer rechter Gewalt; VM 28.2.08 26. August 07 Im sächsischen Chemnitz besucht
eine 40 Jahre alte Asylbewerberin aus Afghanistan mit ihren beiden Kindern
und einer Freundin das Kultur- und Bildungshaus "DAStietz". In der ersten Etage wird sie von
einem glatzköpfigen, schwarz gekleideten Mann angepöbelt, rassistisch
beleidigt und schließlich zu Boden gestoßen. Während sich ein älteres Ehepaar
um die Verletzte kümmert, verläßt der Täter, zusammen mit den ihn begleitenden
weiteren vier Personen den Tatort. Die
gestürzte Frau muß sich mit Schürfwunden am Bein in medizinische Behandlung
begeben. Polizei Chemnitz 27.8.07; greenpeace-magazin.de 27.8.07; net-tribune.de 27.8.07; LVZ 28.8.07 29. August 07 Flüchtlingsunterkunft im
Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main in Cargo City Süd, Gebäude C
587. Das Amtsgericht Frankfurt verhängt auf Antrag der Bundespolizei die
Inhaftierung des 16-jährigen B. aus Sierra Leone und des 15-jährigen Abdul Y.
aus Ghana für mindestens drei Monate. Damit
nutzt die Bundespolizei eine Änderung des Zuwanderungsgesetzes, wonach
abgelehnte AsylbewerberInnen seit Ende August auch direkt im Flughafen
Frankfurt in Abschiebehaft genommen werden können. Obwohl
auch das Jugendamt der Stadt Frankfurt die Flughafenunterkunft für
Jugendliche als ungeeignet deklariert und sich bereit erklärt, den
Jugendlichen Abdul Y. in einer Jugendeinrichtung unterzubringen, befinden
sich die Minderjährigen auch Anfang November noch in Gefangenschaft. Die
Behörde rechtfertigt Ihr Vorgehen mit dem Argument, es werde von der
guineischen Botschaft Paßersatz ausgestellt, so daß die Abschiebung innerhalb
von drei Monaten möglich sei. Damit wird die Tatsache ignoriert, daß Guinea
mit einer Verbalnote vom 27. August 07 bekannt gab, ab sofort bis zur
Unterzeichnung eines bilateralen Kooperationsabkommens alle Identifizierungs-
und Rückführungsmaßnahmen auszusetzen. Das heißt, daß Guinea zur Zeit
überhaupt keine Papiere ausstellen wird. Später
kann erreicht werden, daß die Jugendlichen aus dem Transitbereich heraus in
die BRD einreisen und das Asylverfahren in der BRD fortgeführt wird. Pro Asyl 29.8.07; Pro Asyl 6.11.07; Pro Asyl 29. August 07 Rostock in Mecklenburg-Vorpommern.
Im Flüchtlingsheim Satower Straße setzt Soran Ali Khorshid mit einer
Überdosis Tabletten seinem Leben ein Ende. Der
35-jährige ehemalige Lehrer aus dem Irak war schwerbehindert, litt an Asthma
und starken Angstzuständen -einer Folge von Folter im Herkunftsland. Mehrere
Ärzte in Rostock hatten bestätigt, daß die Flüchtlingsunterkunft nicht der
richtige Ort für den Kranken sei; sie empfahlen eine dezentrale
Unterbringung. Am 5. September sollte er sich daher amtsärztlich untersuchen
lassen. Offensichtlich
hielt Soran Ali Khorshid nach fünf Jahren Bundesrepublik den Leidensdruck
nicht mehr aus, zumal er als inzwischen abgelehnter Asylbewerber eine
Abschiebung befürchtete. In seinem Abschiedsbrief schrieb er: "Ich bin
krank und kann nicht bleiben so im Asylheim". Ausdrücklich bat er darum,
daß sein Körper nicht in das "Sch...land Irak" zurückgebracht wird. Am
3. September wird Soran Ali Khorshid in Rostock beerdigt. Am
11. September demonstrieren ca. 40 Flüchtlinge in der Innenstadt Rostocks.
Sie fordern bessere Lebensbedingungen, Arbeitserlaubnisse, Deutschkurse und
ein Ende der isolierten Unterbringung. OZ 4.9.07; taz 4.9.07; SVZ 12.9.07; OZ 12.9.07; Human Place Heft
2/07; Thomas Wanie – Rechtsanwalt August 07 Flughafen Frankfurt am Main.
Eine Frau, ihre Tochter und ihre beiden Söhne aus dem Regierungsbezirk
Darmstadt sollen nach Belgrad abgeschoben werden. Die Frau erklärt der
Mitarbeiterin der Abschiebebeobachtung FFM, daß sie an einer Ohrenerkrankung
leide und ihr Hausarzt dringend davon abriet zu fliegen. Die
Flugtauglichkeitsbescheinigung wurde am Morgen
bei der Abholung ausgestellt. Dabei hatte ein Arzt die Tochter kurz gefragt,
ob alles in Ordnung sei und aufgrund ihres Nickens für jedes Familienmitglied
eine Bescheinigung ausgestellt. Die Familie wird abgeschoben. Abschiebungsbeobachtung FFM 2008 5. September 07 Herford in Nordrhein-Westfalen.
Die 18-jährige Hamdiatou Moussa Yacoubou wird zur Ausländerbehörde bestellt,
angeblich zur Abholung ihrer Versorgungs-Gutscheine. Dort wird sie jedoch
umgehend mit ihrem Kind verhaftet und zum Flughafen nach Frankfurt am Main
gebracht. Am Abend um ca. 23 Uhr startet das Flugzeug Richtung Togo. Frau
Yacoubou war als 16-Jährige von ihrer togoischen Familie zwangsverheiratet
worden und landete in der Hamburger Unterwelt. Sie wurde von ihrem Mann
mehrfach vergewaltigt und gebar am 6. Mai 2006 ihren Sohn Ikbal. Da ihr Mann
sie vermutlich prostituieren wollte, flüchtete sie und wurde im März 2006 als
Asylbewerberin nach Herford verlegt, nachdem sie vorher in Schöppingen
untergebracht war. Es folgte ein Aufenthalt in einer Mutter-Kind-Einrichtung
in Bielefeld. Am 3. August 2007 wurde Frau Yacoubou
volljährig. Sie wohnte wieder in Herford und besuchte die Gesamtschule
Friedenstal. Sie spricht inzwischen gut Deutsch und hielt am 5. September vor
ihren MitschülerInnen einen Vortrag über Togo – wenige Stunden später erfolgt
die unangekündigte Abschiebung. Danach
meldet sich Hamdiatou Moussa Yacoubou bei einer togoischen Freundin in
Deutschland. Sie berichtet, daß ihre Familie sie nicht aufgenommen hat.
Seitdem ist der Kontakt zu der Freundin abgerissen. Vlothoer Anzeiger 20.9.07; Brigitte Gärtner-Coulibaly – Vormünderin 6. September 07 Bundesland Baden-Württemberg.
Ein 38 Jahre alter Flüchtling aus Kamerun wird von Beamten des Polizeireviers
Rastatt auf seiner Arbeitsstelle festgenommen und zu seiner Wohnung im
Leopoldring begleitet. Er soll abgeschoben werden und seine persönlichen Sachen
einpacken. Als
er sich in seiner Wohnung von seiner Freundin verabschiedet, öffnet er
plötzlich die Balkontür und springt über das Geländer in die Tiefe. Bei dem
Sturz aus dem dritten Stock zieht er sich schwere Prellungen und Stauchungen
zu. Er kommt mit einem Rettungsdienst ins Krankenhaus. ka-news.de 6.9.07; meine-neue-welle.de 6.9.07; Polizeipressestelle Rastatt 10. September 07 Erstaufnahme- und Abschiebelager
Horst in Mecklenburg-Vorpommern. Edouard K., ein psychisch kranker
Asylbewerber aus Togo, wird für 10 Uhr zur Begutachtung durch einen
Psychologen ins Landesamt für Gesundheit und Soziales nach Rostock bestellt. Statt
des Psychologen erscheinen aber Polizisten, um ihn zur Abschiebung abzuholen.
Denn noch am selben Abend sollen ab Hamburg-Fuhlsbüttel mindestens fünf
weitere Flüchtlinge mit einem Charterflug nach Togo abgeschoben werden. Edouard
K. springt in Panik aus dem Fenster im 1. Stock und verletzt sich dabei die
Ferse. Die Ausländerbehörde beharrt trotzdem auf der Abschiebung. Erst nachdem
bei Herrn K. im Krankenhaus
Boizenburg ein Fersenbruch festgestellt wird, sehen die Beamten von einer
sofortigen Abschiebung ab. FRat Hamburg 10.9.07; FRat Hamburg 17.9.07 16. September 07 Magdeburg-Buckau in
Sachsen-Anhalt. Ein 41-jähriger Flüchtling von der Elfenbeinküste (Côte
d'Ivoire) wird vor einer Suppenküche am Bahnhof Buckau gegen 13.30 Uhr von
drei Männern mehrfach ins Gesicht geschlagen und u.a. als "Neger"
rassistisch beleidigt. Umstehende
PassantInnen greifen nicht ein. Die Polizei kann die Täter im Alter zwischen
20 und 41 Jahren noch am Tatort festnehmen. Die betrunkenen Rechten fahren
auch in Anwesenheit der Beamten mit ihren rassistischen Beschimpfungen fort. Mobile Beratung für Opfer rechter Gewalt 17. September 07 Plettenberg in
Nordrhein-Westfalen. Gegen 15.00 Uhr wird der 54 Jahre alte Herr M. in seinem
Zimmer im Flüchtlingsheim in der Ohler Straße 100 ohne Bewußtsein
aufgefunden. Nach erster notärztlicher Versorgung kommt er ins Evangelische
Krankenhaus, wo ihm der Magen ausgepumpt wird, und bleibt vorerst zur
weiteren Beobachtung auf der Intensiv-Station. Nach kurzem
Krankenhaus-Aufenthalt kommt er vier Monate in die Psychiatrie. Danach
erfolgt die weitere Behandlung ambulant. Herr
M. war im Iran politisch verfolgt worden, hatte im Gefängnis gesessen und
durch Folterungen schwere Kopfverletzungen erlitten. Beide Hände sind ihm
dort gebrochen worden. Im Januar 2003 war er mit seiner Ehefrau und seinen 13
und 21 Jahre alten Söhnen in die BRD eingereist, in der Hoffnung, Asyl zu
bekommen. Herr
M. ist durch die Geschehnisse im Iran schwer traumatisiert und leidet an
chronischen Schlafstörungen, Albträumen (wacht schreiend auf), Flashbacks,
Konzentrationsschwierigkeiten, Unruhe, Angstzuständen und Depressionen. Die Traumata
wurden durch die beengten und unhygienischen Lebensbedingungen im
Flüchtlingsheim und die Perspektivlosigkeit eines gesicherten Aufenthaltes in
der BRD derartig verschlimmert, daß er sich in ambulante und stationäre
neurologische Behandlung begeben mußte. In einer Stellungnahme des
Gesundheitsamtes Märkischer Kreis vom März 2006 wird attestiert, daß
"... für Herrn M. aufgrund der vorliegenden schweren seelischen
Erkrankung und der Lebensumstände im Flüchtlingsheim ein weiterer Verbleib in
diesem Heim nicht zu vertreten ist". Ein Umzug aus dem 35 Quadratmeter
kleinen Zimmer im Flüchtlingsheim in eine ruhige Wohnung wird abgelehnt.
Stattdessen wird der Familie eine Wohnung im städtischen Obdachlosenheim im
Gansmecker Weg 16c angeboten. Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum; PR 25.9.07; PSS 28.11.07; WR
29.11.07 18. September 07 Gemeinschaftsunterkunft /
Zentrale Rückführungsstelle in Bayreuth im Bundesland Bayern. Ohne vorherige
Ankündigung erscheinen sieben Polizisten an dem Zimmer der 31 Jahre alten Frau
Gasanov. Sie geben der Frau eine halbe Stunde Zeit, ihre Sachen zu packen –
dann wird sie mitgenommen und nach Aserbaidschan abgeschoben. Damit ist die
Frau von ihren kleinen Kindern und ihrem Ehemann getrennt. Die
5-jährige Tochter und der 3-jährige Sohn sind zu dieser Zeit im Kindergarten
– der Ehemann wird ebenfalls festgenommen und kommt in Abschiebehaft. Frau
Gasanov erleidet einen Nervenzusammenbruch und muß nach der Ankunft in
Aserbaidschan ins Krankenhaus gebracht werden. 2004
war Emin Gasanov mit seiner damals schwangeren Frau und der kleinen Tochter
in die BRD gekommen. Mit dem Vorwurf, eine falsche Identität angegeben zu
haben, wurde nach abgelehntem Asyl die Abschiebung intensiv vorbereitet. Die
Regierung von Mittelfranken begründet und rechtfertigt die gewaltsame
Familientrennung damit, daß die Gültigkeit eines von den aserbaidschanischen
Behörden ausgestellten Heimreisedokuments für Frau Gasanov in Kürze ablaufen
wird und daß die Trennung "nur vorübergehenden Charakter aufweist und
die Zusammenführung der Familie im Heimatland in angemessener Zeit
vorgenommen werden kann." Nach
Aussagen des Rechtsanwalts der Familie sind die Kinder durch die Trennung von
der Mutter traumatisiert. Herr Gasanov willigt schließlich in die
"freiwillige" Rückkehr ein, um die Familie wieder zusammen zu
bringen. NBK 29.9.07; LT DS 15/9058; Sozialdienst für Flüchtlinge des Caritasverbandes 19. September 07 Der Kurde Mehmet Iltas wird
aufgrund eines Auslieferungsersuchens der Türkei dorthin ausgeflogen. Das nordrhein-westfälische
Oberlandesgericht in Hamm hatte im Juli einer Auslieferung zugestimmt. Die
Türkei wirft Mehmet Iltas PKK-Mitgliedschaft, oppositionelle Arbeit und
Beteiligung an bewaffneten Aktionen in den Jahren 1991 und 1992 vor. Er soll
acht Menschen getötet und vier verletzt haben. Damit
hat die Bundesrepublik Deutschland das erste Mal überhaupt dem Ersuchen der
Türkei, einen politischen Flüchtling festzunehmen und zu überstellen,
zugestimmt und es umgesetzt. Nach
der Auslieferung kommt Mehmet Iltas in ein Gefängnis nach Diyarbakir und wird
nach seinen Angaben hier auch gefoltert. Im
Dezember 2008 beginnt der Prozeß vor der 5. Sonderstrafkammer – ihm droht
eine lebenslange Freiheitsstrafe. Da
Mehmet Iltas belegen kann, daß er sich zur Zeit der ihm vorgeworfenen Taten
in der BRD im Gefängnis befand und zudem das Gericht ihm diese Taten auch
nicht beweisen kann, wird er nach neun Monaten Haft im Juni 2008
freigesprochen. Er wird zu seiner Familie nach Deutschland zurückkehren
können. reuters 29.11.07;
Todays Zaman 29.11.07; ard-tagesthemen 30.11.07; FR 30.11.07; Todays Zaman
30.11.07; jW 1.12.07; Todays
Zaman 1.12.07; AZADI infodienst Nr. 61 Dezember 07; Hürriyet 5.6.08; Antirassistische Initiative Berlin 20. September 07 Dessau in Sachsen-Anhalt. Um
18.30 Uhr wird ein afrikanischer Flüchtling aus einer Gruppe von vier oder
fünf Jugendlichen heraus auf der Straße angegriffen. Sie beleidigen ihn mit
rassistischen Sprüchen und stoßen ihn vom Fahrrad. Der Flüchtling verletzt
sich dabei im Gesicht und an der Schulter und muß ambulant behandelt werden.
Der Staatsschutz nimmt Ermittlungen wegen Körperverletzung auf. Mobile Beratung für Opfer rechter Gewalt 20. September 07 Ein 37-jähriger Libanese wird in
Berlin-Köpenick in Abschiebehaft genommen und ist damit von seiner Frau und
den drei kleinen Kindern getrennt. Ihm wird vorgeworfen, daß er bei seiner
Einreise im Jahre 2000 seine wahre Identität verschleiert habe. Da
die libanesische Botschaft ihm keinen Paß ausstellt, kann er zur Zeit
überhaupt nicht abgeschoben werden. Seine Frau und die Kinder haben einen
langfristigen Aufenthalt aus humanitären Gründen. Auch
drei Monate später befindet er sich weiterhin in Haft. Jesuiten-Flüchtlingsdienst 20.12.07 September 07 Flughafen Frankfurt am Main. Ein
Mann wird allein mit seiner 18 Monate alten Tochter nach Vietnam abgeschoben.
Die Ehefrau und Mutter des Kleinkindes war zum Zeitpunkt der Abholung nicht
zu Hause. Abschiebungsbeobachtung FFM 2008 September 07 Ortschaft Hummeltal bei Bayreuth
in Bayern. Mit einer Strassensperre wird am Morgen der Weg der Angolanerin
Frau X. unterbrochen. Sie ist auf dem Weg zur Arbeit, ihr Sohn auf dem Weg
zur Wirtschaftsschule. Beide werden festgenommen und in Abschiebehaft in
Bayreuth genommen. Den jüngeren Söhnen der Frau geht es ähnlich, als sie auf
dem Weg in die Schule sind. Im Beisein seines 6-jährigen Bruders wird der
16-jährige Sohn der Frau X. auf offener Straße von mehreren Zivilbeamten
überwältigt, auf den Boden gezwungen. Ihm werden Handschellen angelegt, in
denen er dann abgeführt wird. Die
Familie wird zum Flughafen München gefahren, von dem um 23.30 Uhr die
Maschine Angola starten soll. Um 23.00 Uhr wird die Abschiebung abgebrochen,
weil für den 6-jährigen Sohn eine Bescheinigung vorliegt, daß er aufgrund
einer chronischen Darmerkrankung nicht flugreisefähig ist. Familie
X. ist seit 17 Jahren in der BRD, Asylanträge wurden abgelehnt, und weil Herr
X. straffällig wurde, erfüllt die Familie die Kriterien der Altfallregelung
nicht. Die Abschiebung wird weiter betrieben, obwohl im August die
Wiederaufnahme des Asylverfahren des jüngsten, darmkranken Sohnes beantragt
wurde. Eine Abschiebung in ein Land, in dem die Cholera-Epidemie grassiert,
würde den Jungen in Lebensgefahr bringen. NBK 29.9.07; NBK 24.9.07; LT DS 15/9058; Sozialdienst für Flüchtlinge des Caritasverbandes 1. Oktober 07 Bundesland Niedersachsen. An der
Tank- und Rastanlage Garbsen-Nord wird ein Sattelzug aus Litauen von der
Polizei angehalten und kontrolliert, weil der Verdacht besteht, daß die
geladenen Aluminiumschienen verrutscht sind. Dabei
entdecken die Beamten in einem in Rußland verplombten Container 21
Flüchtlinge aus Tschetschenien. Es handelt sich um acht Kinder, von denen das
jüngste eineinhalb Jahre alt ist, zwei Frauen und elf Männer, von denen der
älteste 71 Jahre alt ist. Ein Mann kommt wegen einer Lungenentzündung in ein
Krankenhaus, die anderen Personen werden zur Zentralen Anlaufstelle für
Asylbewerber (ZASt) nach Braunschweig gebracht. Der 43-jährige LKW-Fahrer
kommt in Untersuchungshaft. Die
Flüchtlinge verlassen allerdings die ZASt schon in den nächsten Tagen und
befinden sich vermutlich auf dem Weg nach Großbritannien. Polizei Hannover 3.10.07; NOZ 5.10.07; NP 25.10.07; HA 26.10.07 5. Oktober 07 Abschiebegefängnis
Berlin-Köpenick. Eine 21 Jahre alte Angolanerin erstattet Anzeige wegen
Körperverletzung im Amt gegen eine Polizeiangestellte. Sie gibt an, daß diese
sie in der Vergangenheit öfter beleidigt, bedroht und verletzt hat. Über den
Ausgang des beim Landeskriminalamt Berlin geführten Verfahrens ist Anfang
2008 noch nichts bekannt. Am
29. Oktober beschließt das Landgericht Berlin, daß sowohl die Haftanordnung
als auch die sieben Haftverlängerungen, die das Amtsgericht Schöneberg
beschlossen hatte, rechtswidrig sind, weil die Bedingungen für die
Freiheitsentziehung niemals vorlagen. Die
abgelehnte Asylbewerberin ist mit einem in Berlin mit Aufenthaltserlaubnis
lebenden Angolaner verheiratet und hatte mehrmals versucht, eine Umverteilung
von Rottal-Inn nach Berlin zu erreichen. Sie war am 19. Juni in der Wohnung
des Ehemannes, in der auch sie gemeldet ist, festgenommen worden. Für ein
"Untertauchen" gibt es für das Landgericht keinerlei Hinweise. Die
Angolanerin saß über vier Monate zu Unrecht in Abschiebehaft. Polizei Berlin 6.10.07; BeZ 8.10.07; ND 8.10.07; Andreas Günzler – Rechtsanwalt 6. Oktober 07 Stendal in Sachsen-Anhalt. Mindestens
vier Männer greifen einen 19 Jahre alten syrischen Flüchtling an, schlagen
und treten ihn und stehlen ihm Geld, Handy und persönliche Gegenstände. Er
erleidet eine Platzwunde am Kopf und verliert vorübergehend das Bewußtsein.
Ein Rettungswagen bringt ihn ins Krankenhaus. ad-hoc-news.de
6.10.07; ND 8.10.07 17. Oktober 07 Berlin. Der 21 Jahre alte Turgay
A. wird nach vierwöchiger Haft im Abschiebegefängnis Köpenick vorläufig
entlassen. Seit den ersten Abschiebeandrohungen vor zwei Jahren leidet er an
einer schweren seelischen Erkrankung mit epileptischen Anfällen. Turgay
A. war im Alter von drei Jahren mit seinen Eltern nach Berlin gekommen. Der
arabischsprachigen Familie wird vorgeworfen, nach der Flucht aus der
Osttürkei und später eine falsche Identität angegeben zu haben. Er soll
allein in die Türkei abgeschoben werden – ohne die Sprache zu kennen. FRat Berlin 15.10.07 17. Oktober Am tschechisch-deutschen
Grenzübergang Altenberg erleidet ein Flüchtling aus Serbien bei der
Ausweiskontrolle einen körperlichen Zusammenbruch. Er muß ärztlich behandelt
werden. Er
hat sich erst vor kurzem einer Herz-Operation unterziehen müssen. BT DS 16/7806 23. Oktober 07 Abschiebegefängnis Köpenick in
Berlin. Der Abschiebegefangene A. K. versucht sich zu töten. BT DS 16/9142 26. Oktober 07 Bundesland Nordrhein-Westfalen.
Der armenische Flüchtling Albert Hakopyan aus Neuenrade im Sauerland wird
zusammen mit seiner 17-jährigen Tochter und dem minderjährigen Sohn zur Abschiebung
aus der Wohnung geholt. Der 48-Jährige ist schwer krank: Herzinfarkt,
Bluthochdruck, Niereninsuffizienz und Schlaganfall sind einige der Diagnosen,
die bei ihm gestellt wurden. Über
den Flughafen München werden sie ausgeflogen. In Eriwan wird ihnen die
Einreise verweigert, und sie müssen auf dem Flughafen ohne ärztliche
Versorgung sieben Tage ausharren. Erst als das armenische Flughafenpersonal
aktiv wird und den Rückflug organisiert, kommen die Hakopyans wieder zurück
in die BRD. Herrn Hakopyan geht es so schlecht, daß er umgehend ins
städtische Krankenhaus Werdohl gebracht werden muß. Obwohl
die Amtsärztin des Märkischen Kreises den Patienten im Sommer aufgrund von
"Herzschmerzen und Luftnot bei geringer Aufregung" für nicht
reisefähig erklärt hatte, bekam die Ausländerbehörde von dem Arzt Michael Koenen aus Bonn eine Bescheinigung,
in der die Reise- und Flugfähigkeit attestiert wird. Dieser Mediziner ist kein
Facharzt und hat für sein Attest den Patienten nicht untersucht. Er urteilte
ausschließlich "nach Aktenlage". LT DS 14/6521; Torsten Reschke – Journalist; WDR "Westpol" 30.3.08 27. Oktober 07 Bundesland Sachsen-Anhalt. In
Magdeburg wird ein 31 Jahre alter Flüchtling aus Sierra Leone gegen 13 Uhr am
Moritzplatz von zwei Magdeburgern im Alter von 18 und 19 Jahren mit Gesten
und rassistischen Beleidigungen provoziert und beleidigt. Dann schlagen die
Angreifer auf den Afrikaner ein. Als dieser versucht zu entkommen, wird er
von seinen Verfolgern wieder eingeholt. Ein
24 Jahre alter Autofahrer bekommt den Angriff mit, hält an und versucht, die
Täter von ihrem Opfer wegzuziehen. Als dies nicht gelingt, ruft er
mit seinem Handy die Polizei, woraufhin die Angreifer die Flucht ergreifen. Nach
Festnahme der Täter wird der 18-jährige noch am gleichen Tag auf freien Fuß
gesetzt, während sein Kumpan wegen Schulschwänzens und Fahrens ohne Ticket in
das Jugendgefängnis in Halle eingewiesen wird. Ein Ermittlungsverfahren wegen
gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung wird eingeleitet. ddp 28.10.07; redok.de 28.10.07; mut-gegen-rechte-gewalt.de; Mobile Beratung für Opfer rechter Gewalt 29. Oktober 07 Der kurdische Flüchtling Kemal
Kutan wird während einer Bahnfahrt nach Stuttgart durch deutsche Polizisten
festgenommen und in Auslieferungshaft genommen. Er kommt in die JVA Konstanz
und beginnt zwei Tage nach der Inhaftierung einen Hungerstreik. Kemal
Kutan war aufgrund seiner politischen Arbeit bereits während der
Militärdiktatur von 1983 bis 1986 in türkischer Gefängnishaft und auch nach
der Freilassung per manent staatlicher Verfolgung
und Repression ausgesetzt. Er hat lange Zeit für die sozialistische Zeitung
"Halk Demokrasi" (Volksdemokratie) als Hauptredakteur gearbeitet. Als
Kemal Kutan nach einem Massaker der türkischen Armee an 17 unbewaffneten
Angehörigen einer maoistischen Organisation im Jahre 2005 von einem Offizier
die gezielte Ermordung angedroht wurde, verließ er das Land und floh in die
BRD. Solidaritätskomitee für Kemal Kutan 11.11.07; Karawane 12.11.07; jW
1.12.07; Ulla Jelpke 4.12.07; jW 4.12.07 29. Oktober 07 Berlin-Spandau. In der
Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in der Motardstraße wird ein Bewohner
tot aufgefunden, der durch eine Überdosis Heroin gestorben ist. Ob es sich
dabei um einen beabsichtigten Suizid oder eine zu hoch dosierte
Drogeninjektion handelt, kann nicht aufgeklärt werden. Fest
steht, daß der Mann seit dem 29. Dezember 2000, also seit sieben (!) Jahren
in dieser dreistöckigen – aus grauen Containern bestehenden –
Erstaufnahmeeinrichtung gelebt hat. In dieser Zeit befand sich der Flüchtling
sechsmal wegen Drogendelikten in Haft. Seit dem 5. Oktober 07 war er wieder
in der Motardstraße gemeldet. Freitag 15.2.08; Ausschuß für Integration im Abgeordnetenhaus
3.4.08; Antirassistische Initiative Berlin Oktober 07 Ein Ehepaar aus dem Iran wird
auf Anweisung der Kreisverwaltung Göttingen zur Abschiebung zum Flughafen
Frankfurt am Main gebracht. Obwohl die Frau hochschwanger ist, befand sie sich – wie auch ihr Mann –
in den letzten achten Tagen in Abschiebehaft. Erst
als die Persisch sprechende Abschiebebeobachterin erscheint, werden sie über
das geplante Prozedere nach der Dublin-II-Verordnung
aufgeklärt. Bis dahin befanden sie sich in panischer Angst, weil sie dachten,
daß sie in den Iran abgeschoben werden. Sie
werden tatsächlich nach Großbritannien ausgeflogen, weil sie dafür ein
gültiges Touristenvisum besitzen. Abschiebungsbeobachtung FFM 2008 1. November 07 Bundesland Bremen. Die
Wasserschutzpolizei in Bremerhaven befreit sechs Männer aus Nordafrika aus
einem Schiffcontainer. Es ist Zufall und Glück für die Flüchtlinge, daß ihr
Klopfen in dem lauten Umfeld des Hafens gehört wurde, denn sie konnten den
Container von innen nicht öffnen. Ein ca. 30 Jahre alter Marokkaner kommt
wegen Austrocknung des Körpers ins Krankenhaus. Die anderen Männer werden
festgenommen. Der
Marokkaner ist psychisch krank, die Haut der Arme und des Gesichtes sind von
verheilten Schnittwunden übersät und ein Fingerglied fehlt ihm – deutliche
Zeichen von Selbstverletzungen. Bei dem Gespräch mit seiner Rechtsanwältin
weint er ununterbrochen, weil er zu seiner "Mama" will. Tatsächlich
wohnt seine gesamte Familie in Frankreich, wo er auch gelebt hatte. Hier war
er bereits in psychotherapeutischer Behandlung. Erst
nachdem ein Psychiater Angststörung, Depression und akute Suizidalität
diagnostiziert, wird seine Abschiebung gestoppt, und er kommt frei. taz 24.7.11; Christine Graebsch - Rechtsanwältin 6. November 07 Bundesland Baden-Württemberg.
Morgens um 3 Uhr werden die BewohnerInnen des Welzheimer Mehrfamilienhauses
in der Untermühlstraße 4 durch lauten Krach geweckt. Die Poli-zei ist
angerückt und zerstört mit Axtschlägen die Haustür des vierstöckigen
Wohnhauses. Dieses geschieht ohne vorheriges Läuten oder die akustische
Ankündigung durch z.B. einen Lautsprecher. Von
den 25 BeamtInnen sind 18 vermummt und maskiert (Augenschlitze) und tragen
über den Masken zudem noch Helme. Alle sind mit Pistolen, Schlagstöcken und
Schutzwesten ausgestattet. Ziel
des Einsatzes ist die Abschiebung der 25 Jahre alten Aferdita Liapjani und
ihrer beiden Söhne, des 9-jährigen Ali und des 5-jährigen Arsim, in den
Kosovo. Frau Liapjani wohnt in der zweiten Etage. Als ihr Nachbar D. Ünlüsoy,
seine Wohnungstür öffnet, um nach der Ursache des Kraches zu schauen, wird er
von Polizisten gepackt und auf den Boden geschleudert. Obwohl er dabei
verletzt wird und blutet, fesseln ihn die Beamten mit Kabelbindern und lassen
ihn, der nur mit einem dünnen Schlafanzug bekleidet ist, dann am Boden und
vor der offenen Tür im Zug liegen. Andere Beamte dringen mit vorgehaltenen
Pistolen in seine Wohnung ein, bedrohen dort seine 20 Jahre alte Ehefrau und
nehmen auch keine Rücksicht auf ihr neun Monate altes und zur Zeit krankes
Baby. Auch zwei
andere – völlig unbeteiligte –
Nachbarinnen und Frau Liapjani selbst werden mit Kabelbindern so stark
gefesselt, daß sie Blutergüsse bekommen. Dies geschieht in Anwesenheit der
Kinder. Dann dringen die Beamten mit vorgehaltenen Pistolen in die Zimmer und
Kinderzimmer von Frau Liapjani ein. Durchsuchungs-
oder Abschiebepapiere zeigen die BeamtInnen nicht vor, im Gegenteil. Auf
Nachfragen, warum diese polizeiliche Gewaltaktion stattfindet, erhalten die
Gefesselten über eine Stunde lang ausweichende Antworten ("Machen Sie
sich Ihr eigenes Bild!") und quälen sich in nervenaufreibendem
Ungewissen. Aferdita
Liapjani darf für sich und ihre beiden Kinder nur einen kleinen Koffer und
einen Rucksack packen. Medikamente und ein teures Inhalationsgerät für den
asthmakranken Arsim werden von den Beamten eingepackt – aber am Flughafen
nicht übergeben. Nach
19 Jahren Deutschland-Aufenthalt wird die Familie über den Flughafen Karlsruhe
/ Baden-Baden um 12 Uhr mittags ausgeflogen, obwohl das Verwaltungsgericht
Stuttgart zu diesem Zeitpunkt beschlossen hat, die Abschiebung vorläufig
auszusetzen. Alle
BewohnerInnen des Hauses sind durch diesen Polizeieinsatz dermaßen schockiert
und traumatisiert, daß sie außerhalb wohnen und sich nicht trauen
zurückzukehren. Der
Sachschaden, den die PolizeibeamtInnen anrichten, beträgt 2.500 €. Laut
Polizei haben entweder der Hauseigentümer oder die Abgeschobenen den Schaden
zu tragen. In
Prishtina finden Aferdita Liapjani und ihre Söhne keine feste Bleibe und
müssen nächteweise von Haus zu Haus unterkommen. Viereinhalb Wochen später
dürfen sie mit einem Visum auf eigene Kosten wieder einreisen. Der Grund für
die Wiedereinreiseerlaubnis ist die anstehende gerichtliche Klärung des
Besuchrechts der Söhne bei ihrem in Deutschland lebenden Vater. Christoph Buchwald – Welzheim; WeZ 10.12.07; Innenministerium Ba.-Wü. 15.1.08 8. November 07 In den frühen Morgenstunden
werden die tschetschenischen Eheleute Hadina H. (36) und Valid D. (32) und
ihre drei Kinder im Berliner Ausreiselager Motardstraße aus den Betten geholt
und festgenommen. Valid D. wird in Anwesenheit seiner Kinder in Handschellen
gelegt. Die Beamten verstauen die Habe der Familie in blauen Müllsäcken. Die
vier Monate alte Aischat, die 6-jährige Hava und der 7-jährige Adam sind zur
Zeit schwer erkältet. Der Säugling und der Junge werden antibiotisch
behandelt. Der
Junge befindet sich zudem seit vier Monaten wegen einer Posttraumatischen Belastungsstörung
(Verfolgungstrauma) in psychologischer Behandlung im Behandlungszentrum für
Folteropfer. Die
Aussagen und Gutachten der Ärzte werden durch die "Diagnose" eines
Polizei-Sanitäters im Abschiebegefängnis Köpenick ignoriert, der die Familie
kurzerhand für "reisefähig" erklärt. Er gibt den Kindern je eine
Tablette, und die Abschiebung nach Polen erfolgt unverzüglich. An
der polnischen Grenze müssen die Fünf in eine kalte Zelle und werden von
polnischen Beamten verhört. In einem Schnellgerichtsverfahren werden die
Eltern – ohne Beisein eines Anwalts oder einer Anwältin –wegen illegaler
Ausreise zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Ohne
weitere Anweisungen oder Adressen werden sie in den Zug nach Warschau gesetzt
und zahlen mit ihren letzten 120 Euro die Fahrkarten. Um Mitternacht stehen
sie bargeldlos und ohne zu wissen wohin auf dem Warschauer Bahnhof. Das
Flüchtlingsheim ist 60 Kilometer entfernt, aber es fährt kein Bus mehr. Sechs
Wochen nach der Rückschiebung nach Polen ist Aischat immer noch stark
erkältet. Weil keine Geburtsurkunde vorliegt, weigern sich die Ärzte, sie zu
behandeln. Auch Adam hustet ununterbrochen. Die Familie lebt in einem
Flüchtlingsheim in der Nähe von Warschau in einem Zimmer zusammen mit einem
Ehepaar und drei Kindern und einer Frau mit drei Kindern. Die
Anwältin der Familie stellt in Berlin eine Strafanzeige gegen den
Polizei-Sanitäter im Abschiebegefängnis und alle anderen an der Abschiebung
beteiligten Personen. FRat Berlin 9.11.07; taz 22.12.07; Antonia v. d. Behrens – Rechtsanwältin 9. November 07 Berlin. Der 16 Jahre alte Senad
T. wird auf dem Weg zur Berufsschule in Charlottenburg von Polizisten
abgefangen und festgenommen. Am Abend wird der Kosovo-Albaner ohne Angehörige
nach Belgrad (!) abgeschoben. Die
Ausländerbehörde hatte dem Jugendlichen, der seit seinem achten Lebensmonat
(!) in Berlin lebt, vor der Abschiebung "angeboten", daß er eine
Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung bekommen könne, wenn seine Mutter
einer "freiwilligen" Ausreise zustimmen würde. Daß die Mutter im
Krankenhaus liegt und nicht reisefähig ist, zeigt die Fragwürdigkeit dieses
Angebotes. Daß der Junge nach Serbien abgeschoben wurde, einem Land, zu dem
er überhaupt keinen Bezug hat, zeigt, daß die Berliner Behörden die Aufnahmebedingungen
im Zielstaat offensichtlich nicht einmal geprüft haben. Nur
durch die Einschaltung einer Kontaktperson in Belgrad konnte gewährleistet
werden, daß Senad am Flughafen nicht sich selbst überlassen bleibt. Am
nächsten Tag reist seine 76-jährige Großmutter an und nimmt ihn in den 600 km
entfernten Herkunftsort im Kosovo mit. Nach
ihrer Genesung gelingt es der Mutter nicht mehr lange, dem Druck der Behörden
standzuhalten. Sie reist am 14. Dezember ihrem jüngsten Sohn
"freiwillig" nach. Zurück in Berlin bleiben ihre beiden älteren
Kinder, die Aufenthaltserlaubnisse besitzen. Am
13. Januar 2009 schreibt Senad T., daß er mit seiner Mutter immer noch
provisorisch bei verschiedenen Verwand- ten und Bekannten wohnt. Die
Chance, eine feste Unterkunft oder gar Arbeit zu finden, gibt es für sie
nicht. FRat Berlin 20.11.07 taz 19.12.07; Jugendliche ohne Grenzen 28.2.08; FRat Berlin 10.11.08; Senad T. 13.1.09 12. November 07 Nordwalde im Kreis Steinfurt in Nordrhein-Westfalen.
Kurz vor Mitternacht werden zwei Molotow-Cocktails gegen die Wände eines
Wohncontainers für AsylbewerberInnen geworfen. Die Mitglieder der Familie
Shala aus dem Kosovo, die den Container bewohnen, schrecken aus dem Schlaf,
und es gelingt ihnen, die brennende Flüssigkeit zu löschen. Weil die Flaschen
nicht in die Fenster trafen, zerplatzten sie an den Außenwänden. Niemand wird
verletzt. Der
Schock sitzt den Eltern und den sechs Kindern auch am nächsten Morgen noch in
den Knochen. Sie leben seit 18 Jahren in Nordwalde und können sich nicht
vorstellen, wer sie so gezielt vernichten will. Denn offensichtlich hatten
die Täter mit dem Angriff gewartet, bis alle Familienmitglieder schlafen
gegangen waren. Noch
in der Nacht werden zwei tatverdächtige Männer festgenommen. Einer von ihnen,
ein 22-jähriger Deutscher, gesteht im Verhör, die Tat unter Alkoholeinfluß
und aus Frustration über seine Arbeitslosigkeit begangen zu haben, denn die
Ausländer wären dafür die Schuldigen. Der Mann wird vom Haftrichter unter
Auflagen wieder auf freien Fuß gesetzt. Ihn erwartet eine Anklage wegen
schwerer Brandstiftung und des Verstoßes gegen das Waffengesetz. Anstatt
der Familie nach 18 Jahren Deutschland-Aufenthalt eine angemessene Wohnung
innerhalb der Stadt zu geben, wird von der Gemeinde die Unterbringung in
einem Container weit außerhalb der Stadt angeboten. Am
28. August 2008 wird ein 23-jähriger Deutscher vom Schöffengericht Rheine zu
einer 18-monatigen Haftstrafe auf Bewährung und der Zahlung einer Geldstrafe
von 600 Euro an die Opfer und an den Staat verurteilt. Polizei Steinfurt 13.11.07; afp 13.11.07; ddp-NRW 13.11.07; WN 13.11.07; WN 15.11.07; Antifaschistische Aktion Münster; WN 29.8.08 13. November 07 Bundesland Bremen. Das kurdische
Ehepaar A. wird mit seinen sieben Kindern in die Türkei abgeschoben. Die
Kinder Hüseme (16), Omar (17) und Abdallah (5) leiden an hämolytischer
Anämie, die durch eine erbliche Stoffwechsel-Krankheit (Pyruvatkinasemangel)
verursacht ist. Allen Kindern wurde im Verlauf des Lebens die Milz entfernt,
wodurch sie für Infektionen jeder Art anfällig sind und sehr häufig – wenn
nicht sogar regelmäßig – Antibiotika brauchen. Noch
unmittelbar vor der Abschiebung mußten von einer Kinderärztin die Blutwerte
gemessen und die Sauerstoff-Versorgung der Kinder während des Fluges mit der
Fluggesellschaft Turkish Airlines ausgehandelt werden. Die
Eheleute A. waren 17 Jahre zuvor in die BRD gekommen und hatten als
staatlenlose Kurden aus dem Libanon Asyl beantragt. Nachdem die Identitätstäuschung
entdeckt wurde, wurde die Abschiebung der gesamten Familie vorbereitet. Das
Herkunftsdorf der Eheleute liegt an der türkisch-irakischen Grenze. Es ist –
wie auch die Nachbardörfer – vom türkischen Militär besetzt. Kämpfe zwischen
der PKK und dem Militär finden hier statt. Es gibt hier keinen Arzt und das
nächste Krankenhaus liegt 80 bis 100 km entfernt. Die
Familie hat von der Ausländerbehörde Penicillin und Fiebersaft für zwei
Monate mitbekommen. Drei Monate nach der Abschiebung haben sie immer noch
keine Yesil-Card erhalten, das heißt, daß sie keine medizinische Versorgung
mehr haben. Hans-Eberhard Schultze – Rechtsanwalt 23. November 07 Mehmet Esref Kizilay, kurdischer
Aktivist und abgelehnter Asylbewerber, wird aufgrund eines Auslieferungsbegehrens
in die Türkei ausgeflogen. Umgehend erfolgt dort sein Weitertransport in das
Gefängnis von Ankara. Er
war Mitglied der PKK, mußte deshalb 1998 außer Landes fliehen und war dann in
Abwesenheit wegen angeblichen Polizistenmordes von einem türkischen Gericht
zum Tode durch den Strang verurteilt worden. Auf Antrag des türkischen
Justizministeriums war er schon im Jahre 1998 in Siegen festgenommen und in
Koblenz inhaftiert worden. Aus dieser Auslieferungshaft wurde er nach drei
Monaten wegen der ihm drohenden Todesstrafe entlassen. Aufgrund
eines erneuten Auslieferungsantrags erfolgte am 2. Januar 2007 erneut die
Inhaftierung durch deutsche Behörden. Mehmet Esref Kizilay droht jetzt eine
lebens- lange Haft. reuters 29.11.07; Todays Zaman 29.11.07; ard-tagesthemen 30.11.07; FR 30.11.07; Todays Zaman
30.11.07; jW 1.12.07; Todays Zaman 1.12.07; AZADI infodienst Nr. 61 Dezember 07 25. November 07 Boizenburg in
Mecklenburg-Vorpommern. Kurz nach 21 Uhr wird vor dem Bahnhofsgelände ein 32
Jahre alter kurdischer Flüchtling aus der Türkei von vier oder fünf jungen
Männern umringt. Sie fragen ihn, ob er Ausländer sei, und als er dies bejaht,
schlagen sie mit Fäusten, Flaschen und Bierdosen auf ihn ein. Der blutende Mann
sucht in einem Kiosk in der Nähe des Bahnhofs Schutz, doch die Frau, die dort
arbeitet, verwei-gert ihm den Zutritt. Auch sie hatte ihn kurz vorher
gefragt, ob er Ausländer sei, worauf er nicht geantwortet hatte. Diese
Szene animiert noch mehr Menschen, und bis zu 20 Angreifer mißhandeln ihn
jetzt, ohne daß jemand zu Hilfe kommt. Schließlich gelingt ihm die Flucht,
und als er in seine Unterkunft in Horst kommt, ruft ein Freund einen Arzt.
Dieser überweist ihn zur Notversorgung ins Krankenhaus nach Hagenow, wo er
drei Tage lang wegen einer Gehirnerschütterung und schwerer Prellungen des
Brustkorbes behandelt werden muß. Auch eine Woche nach dem Überfall leidet er
an starken Schmerzen und wird noch medikamentös behandelt. Eine
psychiatrische Behandlung verweigert die Lagerärztin. Nach seiner Entlassung
aus dem Krankenhaus muß der Verletzte selbst Anzeige erstatten. Erst
jetzt nimmt der Staatsschutz die Ermittlungen auf, da ein rassistischer
Hintergrund vermutet (!) wird. Auf
einer "Andacht gegen Gewalt und Rechtsextremismus" in der
St.-Marien-Kirche, an der 500 Menschen aus Boizenburg und Umgebung
teilnehmen, meldet sich auch der Vorsitzende der NPD-Fraktion im Landtag zu
Wort, polemisiert gegen "Ausländergewalt" und beschimpft gleichzeitig
Opferberatungsstellen, die "berufsmäßig alles übertreiben müssen".
Der Pastor macht von seinem Hausrecht Gebrauch und verweist den Mann des
Hauses. Die
von der Gruppe Courage und Einzelpersonen organisierte Demonstration
"Schluß mit dem Wegschauen" am 23. Dezember vermittelt den
Flüchtlingen im Lager Horst nur kurzfristig ein Gefühl der Solidarität und
Sicherheit. An diesem Tage allein werden vier Flüchtlinge aus dem Lager
abgeholt und in den Irak abgeschoben. ndr-online 29.11.07; OZ 29.11.07; KMii Hamburg 10.12.07; indymedia 20.12.07; taz 21.12.07; KMii
Hamburg 22.12.07 27. November 07 Flüchtlingsunterkunft im
Transitbereich des Flughafens Frankfurt am Main in Cargo City Süd, Gebäude C
587. Als ein 26 Jahre alter Flüchtling aus der Demokratischen Republik Kongo
von vier Bundespolizisten zum Flugzeug geführt wird, bleibt der Mann
plötzlich stehen und weigert sich, die Treppe zum Flugzeug hinaufzusteigen.
Er klammert sich mit beiden Händen am Geländer fest und wehrt sich heftig
gegen die Versuche der Polizisten, ihn ins Flugzeug zu bekommen. Auch der
Versuch, ihm schwarzes Klebeband um die Füße zu binden, gelingt den Beamten
nicht. Als er in seiner Angst beginnt, laut zu schreien, und Passagiere
aufmerksam werden, wird die Abschiebung abgebrochen. Verletzt
wird der Mann zurück in den Transitbereich gebracht. Neben schweren
Prellungen im Lendenwirbelbereich und an den Rippen hat er mehrere
Schnittverletzungen an beiden Unterarmen und an einem Finger. Aus Angst vor
eventuellen Betäubungsspritzen und danach folgender Abschiebung weigert er
sich vehement, seine Verletzungen im Krankenhaus behandeln zu lassen. Er hat
starke Schmerzen und erleidet eine Woche später einen Ohnmachtsanfall. Das
Strafverfahren, das gegen den Flüchtling wegen Widerstands gegen die
Staatsgewalt eingeleitet wird, stellt die Staatsanwaltschaft unter
Berücksichtigung der für ihn außergewöhnlich bedrohlichen Situation
angesichts der bevorstehenden Abschiebung später ein. Bericht eines Mitgefangenen; Kai Guthke – Rechtsanwalt; FSD Ffm 19.1.09 November 07 Flughafen Frankfurt am Main.
Nach 15 Jahren Deutschland-Aufenthalt soll Frau T. mit ihren vier Kindern
nach Istanbul abgeschoben werden. Sie hat einen geistig behinderten Sohn, der
aufgrund epileptischer Anfälle mehrmals im Monat notärztlich behandelt werden
muß. Aus diesem Grunde hatte sie im Jahre 2006 einige Monate in der Schweiz
bei Verwandten verbracht, wodurch sie die Bedingungen für die
Bleiberechtsregelung formal nicht mehr erfüllen konnte. Frau
T. ist mittellos und hat noch Angehörige im türkisch-irakischen Grenzgebiet.
In dieser Gegend ist allerdings eine ärztliche Versorgung ihres Sohnes nicht
möglich. Sie bekommt für vier Monate Medikamente mit, sieht sich aber
außerstande, die medikamentöse Versorgung darüber hinaus sicherzustellen. Abschiebungsbeobachtung FFM 2008 November 07 Flughafen Frankfurt am Main.
Eine vierköpfige Familie, die seit elf Jahren in der Nähe von Aurich lebte,
soll nach Montenegro abgeschoben werden. Für den Ehemann und Vater, der an
einer Methadon-Therapie teilnimmt, liegt keine Flugtauglichkeitsbescheinigung
vor. Auch hat er am Morgen kein Methadon zu sich nehmen können. Deshalb soll
die Abschiebung des Mannes gestoppt werden, die der Frau und der Kinder im
Alter von neun und elf Jahren allerdings nicht. Aufgrund
der vehementen Weigerung der Familie, sich trennen zu lassen, und auch
aufgrund der Tatsache, daß die Bundespolizei keine Flugbegleitung anordnet,
wird die Abschiebung abgebrochen. Abschiebungsbeobachtung FFM 2008 November 07 Bundesland Bayern. Weil
Aussichten auf einen sicheren Aufenthalt immer mehr beschnitten werden,
beschließt Frau Aram Ahmad nach neunjährigem Deutschland-Aufenthalt, mit
ihren drei Kindern Mohamed (8 Jahre alt), Hesho (14 Jahre alt) und Hemen (16
Jahre alt) "freiwillig" in den Irak zurückzugehen. Ihr Mann Salim
Aram Ahmad will vorerst in Nürnberg bleiben, um die Familie noch finanziell
zu unterstützen. Herr
Aram Ahmad war 1996 aus dem Irak geflohen und wurde in der BRD als Flüchtling
nach der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt. Zwei Jahre später folgte ihm
seine Frau mit den beiden ältesten Kindern. Mohamed wurde in Nürnberg
geboren. Im
Jahre 2004 war die Flüchtlingseigenschaft der Eheleute widerrufen worden –
ihnen wurde nur eine vorläufige Aufenthaltserlaubnis ausgestellt. Der
Erteilung eines unbefristeten Aufenthaltstitels stand der zu geringe
Verdienst der Familie entgegen. Ein Grund für den niedrigen monatlichen Lohn
war die Weigerung des Standesamtes, die traditionell geschlossene Ehe
anzuerkennen. Demzufolge galt Herr Aram Ahmad als nicht verheiratet und kam
in eine entsprechend ungünstige Steuerklasse. Zudem gelang es ihm nicht, den
von der Ausländerbehörde geforderten irakischen Paß der Serie G zu
beschaffen. Im Irak fällt es vor allem den Kindern sehr
schwer, sich in der fremden Umgebung zurechtzufinden. Die Familie gerät unter
Druck, so daß auch Herr Aram Ahmad aus Deutschland nachreist. Dann wird der
jüngste Sohn Mohamed gekidnappt und die Situation eskaliert. Vergeblich
bittet Herr Aram Ahmad bei der Nürnberger Ausländerbehörde, der deutschen
Botschaft und der Rückkehrberatung um Hilfe. Der älteste Sohn Hemen droht mit
Selbsttötung. Hemen
flieht schließlich außer Landes und kommt im Dezember 2008 über Griechenland
in die BRD. Im April 2009 gelingt dies auch seinen Eltern und Geschwistern. Jetzt
unterliegen sie wieder den Bedingungen des Asylbewerberleistungsgesetzes. Das
bedeutet erneut: Lagerunterbringung, Residenzpflicht, Arbeitsverbot,
Taschengeld u.a. Am
20. September 09 erscheinen etliche Polizisten im Nürnberger Flüchtlingslager
Hintermayrstraße und nehmen den 19-jährigen Hemen in Abschiebehaft. Sein Flug
nach Griechenland ist für den 24. September gebucht. Der Vater bittet in der
Beratungsstelle Freie Flüchtlingsstadt Nürnberg um Hilfe und bricht zusammen.
Nach Einschaltung des UNHCR, des Flughafensozialdienstes, des
Oberbürgermeisters gelingt es, die Rückschiebung des inzwischen in der
JVA-München sitzenden Hemen zu verhindern. Alternativer Menschenrechtsbericht 2009 1. Dezember 07 Magdeburg in Sachsen-Anhalt.
Eine irakische Familie – bestehend aus zwei Frauen mit einem 2-jährigen
Kleinkind im Kinderwagen und drei Männern – will an der Haltestelle Große
Diedersdorfer Straße / Arndtstraße gegen 22 Uhr den Nachtbus besteigen. Die
Flüchtlinge werden sofort aus einer Gruppe von drei deutschen Frauen mit
Kindern und der deutschen Männern massiv beleidigt. Es fallen Sätze wie
"Scheißausländer, wir haben keinen Platz für euch!" Einer
der Männer stößt der im fünften Monat schwangeren Irakerin seinen Ellenbogen
ins Gesicht; ein anderer öffnet während der Fahrt mehrmals die Bustür, um sie
aus dem Bus zu schubsen, und schlägt ihr dabei auf den Rücken. Bei der
Auseinandersetzung stößt die 21-jährige Irakerin mehrfach gegen ihren
Kinderwagen, so daß sie anschließend wegen starker Unterleibsschmerzen ins
Krankenhaus eingeliefert werden muß. Die anderen Familienmitglieder sind die
einzi-gen, die der Schwangeren zu Hilfe kommen. Auch von einigen anderen
Fahrgästen im vollbesetzten Bus sind rassistische Pöbeleien zu hören. Die
beiden Täter flüchten, als der Busfahrer die Polizei alarmiert, können jedoch
kurze Zeit später festgenommen werden. Am nächsten Tag werden die beiden
wieder freigelassen und erstatten jetzt ihrerseits Anzeige gegen die Flüchtlinge.
Der Staatsschutz ermittelt nach eigenen Angaben wegen Volksverhetzung,
Beleidigung und gefährlicher Körperverletzung. Am
5. Dezember befindet sich die Irakerin weiter in der Magdeburger
Universitäts-Frauenklinik. "Ich mache mir ernsthaft Sorgen wegen Frau
A.", sagt der Direktor der Klinik. Weil sie schon einmal einen
Kaiserschnitt hatte, könnte die Narbe reißen – dann drohe eine Fehlgeburt. ddp 2.12.07; VM 3.12.07; SPIEGEL online 3.12.07; BeZ 4.12.07;ND 4.12.07; jW
4.12.07; VM 5.12.07; JWB 20.12.07; Mobile Beratung für Opfer rechter Gewalt 3. Dezember 07 Bundesland Hessen. Der
palästinensische Flüchtling Majed Khateeb aus Haifa wird nach Amman als
vermeintlich jordanischer Staatsbürger abgeschoben. Damit wird er von seiner
Frau und seinen sieben Kindern getrennt. Majed
Khateeb war vor 15 Jahren aus Israel nach Jordanien geflohen und hatte hier
Übergangspapiere bekommen. Nach seiner Ankunft in der BRD beantragte er
politisches Asyl. Den gleichen Weg nahm ein Jahr später seine Frau Najah mit
der damals 2-jährigen Amal, dem 4-jährigen Haitham und dem 5 Jahre alten
Hassan. Nachdem die Asylanträge Mitte der 90er Jahre abgelehnt worden waren,
lebte die Familie mit Duldungen in Dietzenbach bei Frankfurt. Vier weitere
Kinder wurden hier geboren: der heute 13-jährige Yasin, Mohammed (12), Abdul
Hamid (10) und Sara (9). Im
Juli 2006 klingelte es morgens um 6.00 Uhr an der Wohnungstür der Familie
Khateeb. 15 Polizisten der "AG Wohlfahrt" durchsuchten und
durchwühlten fast drei Stunden lang ergebnislos die Wohnung, um jordanische
Papiere zu finden. Die über 14-jährigen Familienmitglieder wurden abgeführt
und registriert. Der 20-jährige Hassan und sein kranker Vater kamen in
Abschiebehaft. Der
Rechtsanwalt erreichte die Freilassung, doch der Druck auf die Familie wurde
weiter erhöht. Anfang Oktober 2007 bekam die Familie die Nachricht, daß sie
binnen zweier Tage abgeschoben werden wird. Majed Khateeb erlitt einen
Nervenzusammenbruch und mußte ins Krankenhaus. Die
"AG Wohlfahrt" versuchte am 25. November 07 erneut eine
Abschiebung, diesmal mit der Mutter und sechs Kindern – ohne den kranken
Vater. Auch Hassan sollte bleiben können bis zu dem Zeitpunkt, an dem er sein
Abitur an dem Theodor-Heuss-Gymnasium gemacht habe. Die Familie saß bereits
im Flugzeug, als Unterstützung von unerwarteter Seite kam: Der Pilot der
Lufthansa-Maschine weigerte sich, die Menschen gegen ihren Willen
auszufliegen. Der
Vorwurf der deutschen Behörden, sie würden sich fälschlicherweise als
PalästinenserInnen aus dem West-Jordanland ausgeben, wird der gesamten
Familie als Betrug angelastet – auch den Kindern. Daß die Familie aber statt
jordanischer Pässe nur sogenannte Laissez-Passer-Papiere von der jordanischen
Botschaft bekam, spielt in der Behördenlogik keine Rolle und wird ignoriert. Jetzt
erfolgte die zweite Festnahme von Majed Khateeb, und er kam in Abschiebehaft,
aus der heraus er abgeschoben wird. In Jordanien kommt er in einem
Flüchtlingslager in Amman unter. Medikamente kann sich der chronisch Kranke
nur durch die Unterstützung aus Deutschland beschaffen. Im
November 2009 ist die Familie immer noch akut von Abschiebung bedroht – die
Entscheidung über die Petition im Hessischen Landtag wird auf den Februar
2010 vertagt. Inzwischen
stehen Amal und Haitham kurz vor ihrem Abitur. Der 22-jährige Hassan studiert
im zweiten Semester Jura und erhält ein Stipendium des
Rudolf-Steinberg-Stiftungsfonds. Als er erfährt, daß das Stipendium mit der
staatlichen Unterstützung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz verrechnet
wird, und er somit das Geld an den Landkreis abgeben soll, beschließt er, das
Stipendium an die Stiftung zurückzugeben. Am
6. Oktober 10 ordnet der Innenminister Boris Rhein die Erteilung einer
Aufenthaltserlaubnis an. Die "erfolgreiche Integration der Kinder"
und die breite Solidarität in Teilen der Bevölkerung waren für diese
"höchst individuelle Entscheidung" des Ministers ausschlaggebend.
Trotz der erteilten Aufenthaltserlaubnis stellt die Ausländerbehörde
weiterhin Duldungen aus. Für
die Wiedereinreise des Vaters legt die Behörde der Familie eine Rechnung der
Abschiebungskosten von über 10.000 Euro vor. Erst
im Februar 2012 sind alle Familienmitglieder im Besitz einer
Aufenthaltserlaubnis. Aber im Dezember ist immer noch völlig unklar, wann
Majed Khateeb zu seiner Familie zurückkehren kann. OP 4.12.07; FR 19.12.07; TSH-Schulen Offenbach 19.12.07; fr-online.de
23.12.07; rbb-Kontraste 22.10.09; stern.de 27.10.09; stern.de
3.11.09; t-online.de 11.11.09; stern.de 11.11.09; JOG Dezember 09; fr-online.de 28.1.10; FR 17.2.10; Zusammenleben der Kulturen in Dietzenbach; Pro Asyl 4.10.10; Heft der Flüchtlingsräte 2010; dapd 6.10.10; taz
8.12.10; JOG 16.2.12; FR
5.12.12 4. Dezember 07 Der 40 Jahre alte Li Jun Wen aus
China wird aus seinem Wohnheim im thüringischen Waltershausen abgeholt, weil
er nach 10-jährigem BRD-Aufenthalt nach China abgeschoben werden soll. Am
Flughafen Frankfurt wird er aufgrund von schweren Verletzungen an den
Handgelenken und am Kopf für reiseunfähig erklärt. Er selbst gibt an, daß er
von Polizeibeamten geschlagen worden sei. Zurück
in Thüringen beantragt die Leiterin der Ausländerbehörde Gotha, ihn in
Abschiebehaft zu nehmen. Diesem Antrag wird stattgegeben, und er kommt in
Haft nach Suhl-Goldlauter. Am
17. Dezember erfolgt der nächste Abschiebeversuch. Li Jun Wen wehrt sich
vehement und schluckt schließlich – schon im Flugzeug sitzend – einen Ring,
wodurch die Abschiebung abgebrochen wird. Auch nach diesem Abschiebeversuch
zeugen die zahlreichen Hämatome bei Herrn Li von einem gewalttätigen Vorgehen
der Beamten. Herr Li kann die Hände und Füße, die während des Transportes
gefesselt waren, nicht bewegen. Nach
dreimonatiger Haft in der JVA Suhl-Goldlauter wird er entlassen, und dem
Rechtsanwalt gelingt es, über das Kriterium Vaterschaft ein Bleiberecht für
Herrn Li zu erwirken. Herr
Li ist abgelehnter Asylbewerber und erhielt seit langer Zeit nur
Duldungsverlängerungen. Er lebt mit Frau Zhou Yun Xue in einer
Partnerschaftsbeziehung. Eine Heirat scheiterte bisher an fehlenden Papieren.
Ihre beiden Söhne, der 7-jährige Jamy und der 4-jährige Jawy, sind in
Thüringen geboren. In der Hoffnung, entsprechend der IMK-Bleiberechtsregelung
vom November 2006, einen Aufenthalt zu erhalten, beschaffte er sich einen
Reisepaß und zog den Asylantrag zurück. Aufgrund der Tatsachen, daß die
Paßbeschaffung verspätet war und er zeitweise nicht in dem ihm zugewiesenen
Wohnheim lebte (Residenzpflicht-Verletzung), wurde der Antrag abgelehnt.
Wider besseren Wissens hatte die Leiterin der Ausländerbehörde Gotha Herrn Li
einen Tag vor der Abholung durch die Polizei noch versichert, daß er nicht
abgeschoben werden würde. Im
September 2008 wird ein Ermittlungsverfahren gegen Michael Stade wegen
Verleumdung eingeleitet, da er derjenige war, der die Mißhandlungen des Herrn
Li an die Öffentlichkeit gebracht hatte. Das "Angebot", gegen die
Zahlung von 500 € an Amnesty International die Einstellung des Verfahrens zu
erkaufen, lehnt Herr Stade ab. Michael Stade in The
VOICE 28.12.07; Michael Stade in www.jena.antifa.net 4.1.08; FW 18.1.08; www.jena.antifa.net
23.9.08; ND 26.9.08 11. Dezember 07 Amberg im Bundesland Bayern.
Morgens um 4 Uhr erscheint der 28 Jahre alte Kamal X., Flüchtling aus dem Iran,
an der Shell-Tankstelle in der Drahthammerstraße und bittet die Kassiererin
um einen Zettel. "Ich will nicht mehr", schreibt er darauf, geht zu
einer Tanksäule, übergießt sich mit Benzin und zündet sich an. Dann läuft er
brennend in Richtung Stadtmitte. Nach
nur einer Minute erscheinen von der Tankstellen-Angestellten gerufene
Polizisten, die die Flammen mit ihren Dienstjacken und Decken ersticken. Ein
ebenfalls gerufener Notarzt versorgt den Verletzten, der kurz danach in das
Klinikum St. Marien nach Nürnberg kommt. Am Abend teilt das Klinikum Nürnberg
Süd mit, daß der Mann seinen schweren Verbrennungen erlegen ist. Kamal
X. war vor vier Jahren in die BRD eingereist, hatte Asyl beantragt und wohnte
im Flüchtlingsheim Kummersbrucker Straße. Aufenthaltsrechtlich befand er sich
im Duldungsstatus. Weil
seine Freundin in Nürnberg lebt, hatte er um eine Umverlegung von Amberg nach
Nürnberg gebeten. Über diesen Antrag ist noch nicht entschieden. dieoberpfalz.de 11.12.07; kanal8.de 11,12,07 ap 12.12.07; dpa 12.12.07; PR-inside 12.12.07; Caritas
Amberg 14. Dezember 07 Bundesland Baden-Württemberg. In
der Nacht wird in Neckarstadt auf dem Neumarkt ein 28 Jahre alter
staatenloser, "geduldeter" Schwarzer von einem Mann mit einer
Bierflasche bedroht. Als der Angreifer zuschlägt, gelingt es dem
Angegriffenen auszuweichen. Bei dem sich nun entwickelnden Handgemenge kommen
zwei weitere Männer hinzu, die dem Schwarzen mit einer Stange auf den Rücken
schlagen. Als sich schließlich vier weitere Männer einmischen, um dem
Angegriffenen zu Hilfe zu kommen, flüchten die Täter. Der 28-Jährige erleidet
vor allem Prellungen an der Wirbelsäule und im Gesicht, steht aber dermaßen
unter Schock, daß er sich erst Tage später entschließen kann, eine Anzeige zu
erstatten. Er
beschreibt den Angreifer als einen Mann mit kurzen blonden Haaren,
Springerstiefeln und einem T-Shirt mit der Aufschrift "White
Power". Polizei Mannheim 21.12.07; MaM 22.12.07 28. Dezember 07 Eine Richterin am Amtsgericht
München verhängt Abschiebehaft für einen minderjährigen unbegleiteten
irakischen Flüchtling und mißachtet damit die verfassungsrechtlichen
Garantien im Bereich der Abschiebehaft in besonders schwerwiegender Form. Die
Richterin entscheidet ohne Aktenkenntnis, ohne Anhörung des Betroffenen und
legt eine Haftzeit für einen längeren Zeitraum fest, als beantragt wurde. Der
17-Jährige wird am 8. Januar 2008 aus der Abschiebehaft heraus nach Italien
abgeschoben. Im
Auftrag der bundesweiten Flüchtlingsorganisation Pro Asyl reicht Rechtsanwalt
Hubert Heinhold Mitte Juni 2008 eine Strafanzeige gegen die Richterin wegen
Rechtsbeugung und Freiheitsberaubung ein. Im September erfolgt die
Einstellung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft mit der
Begründung, daß der Richterin kein vorsätzliches Fehlverhalten nachzuweisen
sei, und daß nicht jede unrichtige Entscheidung gleich eine Rechtsbeugung
sei. FRat Bayern 30.6.08 30. Dezember 07 Abschiebegefängnis
Berlin-Köpenick. Als die Gefangenen der 6. Etage kurz nach 16 Uhr von ihrer Freistunde
in den Zellentrakt zurückkehren, finden sie hinter einer angelehnten
Zellentür den 28 Jahre alten Tunesier Mohamed Mechergui, der sich am Bügel
des Oberlichtes an seinem Schnürsenkel erhängt hat. Die beiden gerufenen Sanitäter beginnen mit
der Reanimation, die beim Eintreffen des Rettungswagens Köpenick und des
Notarztwagens von deren Kräften fortgesetzt wird. Um 16.59 Uhr wird der
Bewußtlose in Notarztbegleitung zum Unfallkrankenhaus Berlin-Marzahn
transportiert. Um
5.00 Uhr morgens des 1. Januar 2008 erliegt Mohamed Mechergui auf der
Intensiv-Station H2 der schweren, durch Sauerstoffmangel bedingten
Hirnschädigung, ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben. Mohamed
Mechergui war über Italien und Österreich in die BRD gekommen und hatte im November
in München einen Asylantrag gestellt. Der Zuständigkeit halber war er nach
Chemnitz verwiesen worden, wo er sich allerdings bei der Behörde nie meldete.
In
Berlin wurde er mehrmals polizeilich überprüft und schließlich am 2. Dezember
in Abschiebehaft genommen. Aufgrund verschiedener Verhaltensauffälligkeiten
veranlaßte die in Köpenick tätige Psychologin eine Überweisung in das
Krankenhaus Hedwigshöhe zur psychiatrischen Untersuchung. Da hier am 10.
Dezember keine Indikation für einen stationären Aufenthalt festgestellt
wurde, kam er als "verwahrfähig" nach Köpenick zurück. Eine
Wiedervorstellung bei Verschlechterung des Zustandes wurde allerdings von den
ÄrztInnen empfohlen. Mohamed Mechergui wurde an diesem Tag aus der Haft
entlassen. Am
27.12. wurde er nach einem Ladendiebstahl in einem beschleunigten Verfahren
vom Amtsgericht Tiergarten (Bereitschaftsgericht) unter Auferlegung einer
Bewährungsstrafe entlassen. Da Mohamed Mechergui allerdings aufgrund einer am
18.9. in Bologna gefertigten Auslieferungsverfügung wegen des Verstoßes gegen
die Einreise- und Aufenthaltsbe-stimmungen schengenweit zur Fahndung
ausgeschrieben war, erfolgte am nächsten Tag seine Einlieferung in die
Abschiebehaft Köpenick. In
den drei Tagen bis zur Selbsttötung kam es nicht zu einem weiteren Kontakt
mit der anstaltseigenen Psychologin oder einem Sozialpädagogen, "da die
Aufnahme außerhalb ihrer Dienstzeit lag und keine Besonderheiten oder
Auffälligkeiten zu verzeichnen waren.... ". Am
16. Januar 2008 wird der tote Mohamed Mechergui über Istanbul nach Tunis
geflogen, damit er von seinen Eltern in Bizerte bei Tunis beigesetzt werden
kann. Jesuiten-Flüchtlingsdienst; Polizei Berlin 30.12.07; Polizei Berlin 1.1.08; taz 21.1.08; Benedikt Lux MdA – Fraktion Bündnis 90/Die Grünen; Senatsverwaltung für Inneres 12.2.08; BT DS 17/10597 Dezember 07 Bundesland Sachsen. In der JVA
Dresden versucht ein vietnamesischer Abschiebegefangener sich durch Erhängen
zu töten. Er kommt daraufhin ins Haftkrankenhaus der JVA Leipzig. Nach drei
Wochen Behandlung kommt er zurück in die JVA. Hier versucht er erneut, sich
umzubringen. Er
hat große Angst, daß er nach der Abschiebung ins Gefängnis kommt, weil er
seine hohen Schulden für die Flucht nach Deutschland noch nicht abbezahlen
konnte. Abschiebehaftgruppe Leipzig Dezember 07 Bundesland Sachsen. In der JVA
Görlitz versucht ein 26 Jahre alter tschetschenischer Gefangener sich zu
töten. Er kommt ins Haftkrankenhaus der JVA Leipzig. Nach vier Wochen
Behandlung kommt er zurück in die JVA Görlitz. Er
hatte zunächst in Polen Asyl beantragt, war in die BRD weiter geflüchtet und
direkt an der Grenze in Haft genommen worden. Seinem hier gestellten
Asylantrag steht ein Auslieferungsbegehren Rußlands gegenüber, in dem ihm
"Kriegsverbrechen" im Rahmen seiner oppositionellen und
militärischen Tätigkeit in Tschetschenien vorgehalten werden. Seine
Frau und drei Kinder befinden sich noch in Polen. Abschiebehaftgruppe Leipzig Im Jahre 2007 Flüchtlingsunterkunft Meckelfeld
im Bundesland Niedersachsen. Der kurdische Flüchtling Herr Bozyigit wird nach
abgelehntem Asyl in die Türkei abgeschoben und dadurch von seiner Frau Songül
und seinen fünf minderjährigen Kindern getrennt. Herr
Bozyigit hatte sich in Anatolien in der Partei der demokratischen
Gesellschaft (DTP) engagiert. Als der Verfolgungsdruck immer größer wurde,
war er in die Bundesrepublik geflüchtet. Er
muß jetzt nach der Abschiebung sofort untertauchen – seine Familie hat nie
wieder etwas von ihm gehört. (siehe auch: 21. Mai 10) Antifaschistische Aktion Winsen 5.5.10; AK Antifaschismus Buchholz 17.5.10; indymedia 21.5.10; HA 6.10.10; HA 27.10.10 Im Jahre 2007 Vom Flughafen Frankfurt am Main
wird eine Armenierin über Moskau nach Eriwan ausgeflogen. Die Mutter zweier Kleinkinder
hatte am Morgen ihre Duldung auf der Ausländerbehörde verlängern lassen
wollen, als ihre Festnahme und der sofortige Abtransport erfolgte. Sie konnte
sich weder von ihren Kindern, die zu der Zeit im Kindergarten waren, noch von
ihrem Ehemann verabschieden. Abschiebungsbeobachtung FFM 2008 Im Jahre 2007 Im Abschiebegefängnis
Berlin-Köpenick befanden sich 64 Minderjährige in Haft: ein 12-Jähriger (1
Tag), ein 14-Jähriger (1 Tag), sechs 15-Jährige (1 Tag), 12 16-Jährige und 44
17-Jährige (bis 84 Tage). BT DS 16/9142 Im Jahre 2007 Im Abschiebegefängnis
Berlin-Köpenick gab es nach Auskunft des Senators für Inneres auf die Anfrage
von Bündnis 90/Die Grünen ab Mai einen Suizidversuch von einem Georgier nach
einer Haftdauer von 14 Tagen. Abgeordnetenhaus Berlin DS 16/11578 Im Jahre 2007 Bundesland Nordrhein-Westfalen.
In Abschiebehaft befanden sich 14 unbegleitete Minderjährige über eine
durchschnittliche Dauer von 19,5 Tagen. BT DS 16/9142 Im Jahre 2007 Bundesland Schleswig-Holstein.
Nachdem ein Gefangener im Abschiebegefängnis Rendsburg Suizidhandlungen
unternahm, kommt er in die Beobachtungszelle und wird von hier – zwecks
besserer Überwachung – in die JVA Kiel verlegt. Landesbeirat – Jahresbericht 2007 Im Jahre 2007 Bundesland Schleswig-Holstein.
In der Jugendhaftanstalt Neumünster befanden sich zwei minderjährige
Flüchtlinge (zwischen 16 und 18 Jahren) bei einer mittleren Haftdauer von
17,5 Tagen. Ein Jugendlicher sitzt über den Jahreswechsel hinaus in Haft. Landesbeirat – Jahresbericht 2007 In den Jahren 2005 bis 2007 Bundesland Hessen. In der JVA
Frankfurt I versuchten fünf Abschiebegefangene sich zu töten. BT DS 16/9142 In den Jahren 2005 bis 2007 Bundesland Baden-Württemberg. In
Abschiebehaft befanden sich drei unbegleitete Minderjährige. In den Jahren 2005 bis 2007 Bundesland Brandenburg. In
Abschiebehaft befanden sich 34 unbegleitete Minderjährige für eine Dauer von
unter drei Monaten bis über sechs Monaten. BT DS 16/9142 In den Jahren 2005 bis 2007 Bundesland Mecklenburg
Vorpommern. In Abschiebehaft befanden sich sechs unbegleitete Minderjährige
für eine Dauer von 16 bis 94 Tagen. BT DS 16/9142 In den Jahren 2005 bis 2007 Bundesland Rheinland-Pfalz.
In Abschiebehaft befanden sich drei unbegleitete Minderjährige für eine Dauer
von drei bis 85 Tagen. BT DS 16/9142 In den Jahren 2005 bis 2007 Im Saarland befanden sich drei
unbegleitete Minderjährige in Abschiebehaft für eine Dauer von 93 bis 142
Tagen. BT DS 16/9142 In den Jahren 2005 bis 2007 In Sachsen befanden sich 65
unbegleitete Minderjährige in Abschiebehaft für eine Dauer von unter einem
Monat bis unt er 6 Monaten BT DS 16/9142 |