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Ärzte des Haft-Krankenhauses der JVA-Moabit
warten offensichtlich auf das Eintreten der Bewußtlosigkeit von Soja Schatz

Soja Schatz macht seit 61 Tagen einen Hungerstreik aus Protest gegen ihre Abschiebehaft.

Aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustandes wurde Soja Schatz am Montag, den 10.4.(ihr 52. Tag im Hunger), zusammen mit Dana Wlasenko (48. Tag im Hunger) ins Haftkrankenhaus der JVA-Moabit gefahren.

Das heißt, anstatt in ein normales Krankenhaus und dann in die Freiheit zukommen, befanden sie sich jetzt im Bereich des Strafvollzugs. Die Frauen, die sich wochenlang in einer Vierer- bzw. Dreier-Gemeinschaftszelle befanden und sich gegenseitig unterstützen konnten, wurden jetzt getrennt. Besucherinnen wurden zunächst für drei Tage überhaupt nicht zugelassen - und dann erst nach einer umständlichen Anmelde- und Überprüfungsprozedur durch Innenverwaltung und Justizverwaltung. Die Frauen selbst durften nicht mehr nach Bedarf telefonieren. Dieses wurde nur über eine Sozialarbeiterin zugelassen, die jedoch nicht erschien. Soja Schatz gelang es in den drei Tagen einmal mit ihrem 17-jährigen Sohn in Cuxhaven zu telefonieren, Dana Walsenko konnte überhaupt nicht telefonieren.

Dana W. wurde Ende der Woche aufgrund ihres katastrophalen Gesundheitszustandes mit der Begründung "reiseunfähig" entlassen, kam sofort in ein Krankenhaus und wird seither intensiv betreut und therapiert.

Erst über einen Verwaltungsgerichtsbeschluß wurde einem schon vor Wochen eingereichten Antrag von Soja Schatz auf Untersuchung durch eine Ärztin ihres Vertrauens und auf eigene Kosten, am Donnerstag stattgegeben. Ihre Ärztin untersuchte sie umgehend noch am Donnerstag, erstellte ein Gutachten und beurteilte ihren Zustand als lebensbedrohlich.

Aus diesem Grunde wurde auch der "Fall" Soja S. vorzeitig am Freitag abend in der JVA verhandelt. Der Arzt des Haftkrankenhauses diagnostizierte "Reisefähigkeit für die nächsten 10 Stunden" - ein Zeitraum, der für den Transport in die Ukraine bzw. für die Abschiebung nötig wäre. Für den nächsten Tag mochte dieser Arzt sich schon nicht mehr festlegen. Daß Soja S. aufgrund fehlender Papiere überhaupt nicht abgeschoben werden kann und genau aus diesem Grunde monatelang ungerechtfertigt in Abschiebehaft sitzt, spielte für die Richterin keine Rolle.

Auch scheinen die Gerichte davon auszugehen, daß die Lebensgefahr gebannt sei, weil Soja Schatz sich in einem Krankenhaus befindet. Tatsache ist allerdings, daß sie ihren konsequenten Hungerstreik natürlich auch dort fortsetzt und außer Wasser nichts zu sich nimmt. Auch verweigert sie weiterhin Infusionen und Medikamente jeder Art (z.B. Kalium-Tabletten). Das heißt nach biologischer Logik muß es ihr zunehmend schlechter gehen und ein Zustand der Bewußtlosigkeit liegt nahe.

Wie berichtet wurden die hungerstreikenden Frauen schon seit einigen Wochen in drei- bzw. zweitägigen Abständen vom Abschiebegefängnis Kruppstraße ins Krankenhaus Moabit gebracht, wo ihre Blutwerte gemessen wurden. Während Soja Schatz  schon vor zweieinhalb Wochen von den Ärzten der Rettungsstelle dieses Krankenhauses auf die Risiken ihre Hungerstreikes hingewiesen wurde und ihr dringend geraten wurde, Infusionen oder zumindest Kalium zu sich zu nehmen, wurden in der Gerichtsverhandlung am Freitag von den Ärzten des Haftkrankenhauses (JVA) völlig normale Blutwerte vorgelegt. Die Frage, wie das denn sein könne, wo Frau Schatz doch schon längere Zeit deutlich zuwenig Kalium im Blut hätte, beantwortete der behandelnde Arzt mit dem Satz, sie würde ja Mineralwasser trinken, wodurch dieser Wertesprung zu erklären sei. Fakt ist allerdings, daß Soja Schatz seit 8 Wochen Mineralwasser trinkt - und daß sich mindestens daraus der Wertesprung - auch medizinisch, biochemisch, ernährungsphysiologisch usw. - nicht erklären läßt.

Noch zynischer war die Einschätzung ihrer durch den Hungerzustand bedingten Kreislaufdepression. Hierzu äußerte sich der Haftarzt in der Verhandlung, daß die während der Abschiebung bedingte Streßsituation (Adrenalin-Ausschüttung) einen schwachen Kreislauf nur stabiler machen könne.

Daß Soja Schatz ihren Hungerstreik gegen die unberechtigte Inhaftierung weiterführen wird, hat sie durch ihre starke Haltung in diesem langen Streik immer wieder bewiesen. Es gibt für sie keinen anderen Grund aufzuhören, als die Entlassung aus der Haft. In diesem Falle würde sie umgehend Infusionen zustimmen und den Hungerstreik beenden.

Das wissen die Richter, das weiß der Innensenator und das wissen die Ärzte. Und an letzteren hängt die Entscheidung über die Haftfähigkeit und somit über die sofortige Entlassung. Aber was diese zur Zeit verantwortlichen Ärzte tun, ist noch weniger zu verstehen. Anstatt Soja Schatz ab sofort zu entlassen, weil eine Besserung ihres Zustandes nicht eintreten kann, haben sie ihre Kontrollen intensiviert. Durch ständige Blutdruckmessungen und auch nächtliche Blutzuckerbestimmungen haben sie sich entschlossen, den körperlichen Verfall von Soja Schatz intensiver zu dokumentieren.
Ärztliche Fürsorge oder zynische Befehlserfüllung ?

Soja Schatz geht es rapide schlechter. Die wenigen Besuche von Freundinnen muß sie aus Gründen der Schwäche immer schneller - schon nach wenigen Minuten - abbrechen. Sie wird inzwischen in einem Rollstuhl gefahren. Liegt meistens auf dem Bett - ist schon lange ein Schatten ihrer selbst.

Sie kann nicht verstehen, warum sie überhaupt in Haft ist. Schon vor vier Wochen sprach sie uns für eine Demonstration die Forderungen der damals noch fünf hungerstreikenden Frauen auf ein Tonband: Sie sagte:
"Wir sind keine Verbrecherinnen. Warum sind wir in einem Gefängnis?"
"Wir bitten, daß man uns die Freiheit gibt"

Von ursprünglich fünf hungerstreikenden Frauen, sind inzwischen drei entlassen.

Anastasia Poljakova (19 Jahre alt) nach 29 Tagen Hungerstreik am 22. März aus gesundheitlichen und formalen Gründen.
Natalja Bazarja (33 Jahre alt) am 13. April, aus formalen Gründen, denn sie saß offensichtlich aufgrund einer Schlamperei der Ausländerbehörde monatelang in Haft.
Dana Wlasenko (24 Jahre alt) nach 52 Tagen Hungerstreik - aus gesundheitlichen Gründen am 14. April.
Lyudmyla Orlova (22 Jahre alt), befindet sich heute noch im Abschiebegegefängnis Kruppstraße. Psychisch und körperlich am Ende, versuchte sie vor einer Woche, ihren Hungerstreik nach 48 Tagen abzubrechen. Schon die Aufnahme von Obstsäften nach wochenlangem Wasserverzehr verursachte ihr schwerste Magen-Darm-Probleme. Anstatt sie wenigstens jetzt in ein Krankenhaus zubringen, in dem sie kontrolliert und vorsichtig aufgebaut werden könnte, bleibt sie sich selbst überlassen. Auch die während des Hungerstreiks häufigen Blutkontrollen hörten schlagartig auf Lyudmyla O. leidet weiterhin unter starken Nieren- und Kopfschmerzen. Obwohl die Haftärzte der Kruppstraße ihr auf ihre Bitten hin eine Schonkost zugesagt haben, bekommt sie diese nur sporadisch. Stattdessen allerdings regelmäßig: ein Psychopharmakon.

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Ab heute werden Protestkundgebungen vor dem Haftkrankenhaus und anderswo stattfinden.

Täglich 17 Uhr Berlin-Moabit, Rathenower Str. 80/82  -  Pforte 6

Die Forderungen der UnterstützerInnen:
- sofortige Freilassung von Soja, und Lyudmyla!
- Weg mit den Abschiebeknästen!

Schon heute mittag versuchte ein Gruppe von UnterstützerInnen ein Gespräch mit Innensenator Werthebach zu erwirken. Von Seiten der Senatsverwaltung hieß es erwartungsgemäß, es bestehe kein Gesprächsbedarf zum Thema Hungerstreik in Abschiebehaft. Die DemonstrantInnen entrollten ein Transparent vor dem Eingang der Behörde und forderten die sofortige Freilassung von Soja Schatz und Lyudmyla Orlova aus der Abschiebehaft.